Papierprodukte aus Gras

Lassen sich Papierprodukte aus Gras herstellen? Erste Tests bestätigen es. Die Rohstoffe Altpapier und Holz sollen damit ersetzt werden.

Suche nach Alternativen


Holz ist der wichtigste Papierrohstoff in Europa: Rund 95 Prozent stecken in Kartons und Hygienepapier. Die hohe Nachfrage führt zu einer Suche nach Alternativen und möglicherweise könnte die Projektgesellschaft C+G Papier schon bald eine anbieten.

Das Unternehmen aus Hennef will ein Verfahren entwickeln, mit dem Papierprodukte aus Gras hergestellt werden können. „Wir verfolgen einen interdisziplinären Ansatz, der vom Gewinnen des Rohstoffs über den Aufbau einer nachhaltigen Wertschöpfungskette bis hin zum Herstellungsprozess in der Papierindustrie reicht“, erklärt Frank Cruse von C+G Papier. Unterstützt wird das Projekt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Sie finanziert das Vorhaben mit 167.000 Euro.

Der große Holzanteil in Papierprodukten stammt zum einen aus den Nadelhölzern Fichte, Tanne, Kiefer oder Lärche, die mit Laubhölzern wie Buche, Pappel, Birke und Eukalyptus vermischt würden, um die Papiereigenschaften zu verändern, und zum anderen aus Recyclingpapier. Allein 2012 wurden 1,6 Millionen Tonnen Papierzellstoff und 1,04 Millionen Tonnen Holzstoff in deutschen Zellstoff- und Papierfabriken produziert. Verbraucht wurden 4,64 Millionen Tonnen Papierzellstoff, 1,23 Millionen Tonnen Holzstoff und 16,17 Millionen Tonnen Altpapier.

Tests belegen Machbarkeit

Grundsätzlich könne aus allen zellulosehaltigen Stoffen Papier gewonnen werden, sagt Cruse. Gras eigne sich besonders, da es überall angebaut werden kann, schneller wächst als Holz, kurzfristig zu beschaffen ist und beim Verarbeiten zu Papier weniger Energie verbraucht. In ersten Tests der Papiertechnischen Stiftung (PTS) aus Heidenau seien Papiere und Kartons mit verschiedenen Anteilen an Gras hergestellt und die Machbarkeit belegt worden.

verbrauchsmenge-von-altpapier-der-deutschen-zellstoff--und-papierindustrie-bis-2013_statistic_id5948_Um die Versorgungssicherheit potenzieller Märkte mit dem grünen Rohstoff zu prüfen, soll nun eine exemplarische Analyse und Bewertung des Rohstoffaufkommens mit der nordrhein-westfälischen Landwirtschaftskammer erstellt werden. Die Landwirtschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn untersucht zudem die Potenziale verschiedener Pflanzen auf Wiesen und entwickle aus den Qualitätskriterien entsprechende Formen der Aufbereitung.

„Neben dem Ermitteln möglicher Gras-Anbauflächen und geeigneter Erntezeiten wollen wir auch prüfen, wie und wo Gras zwischengelagert werden kann“, erläutert Cruse. Mit einer abschließenden Ökobilanz und einer Nachhaltigkeitsanalyse sollen die Umwelt-Vorteile von Graspapier ermittelt werden.“ Die mit den Entwicklungen verbundenen Chancen insgesamt würden in Form einer Verwertungsanalyse durch die Bremer SALCO GmbH ermittelt, die die Ergebnisse aller Teilschritte zusammenführe.

Papierproduktion steigt weltweit

„Man könnte meinen, dass mit der zunehmenden Digitalisierung weniger Papier benötigt wird. Das stimmt zum Teil, denn es wird weniger grafisches Papier – zum Bedrucken, Beschreiben und Kopieren – verkauft“, sagt DBU-Vertreter Franz-Peter Heidenreich. „Aber durch den zunehmenden Onlinehandel werden mehr Versandverpackungen benötigt.“

Laut World Wide Fund For Nature (WWF) seien 2006 weltweit bereits 381 Millionen Tonnen Papier produziert worden. Bis 2015 würde ein Anstieg auf über 440 Millionen Tonnen erwartet. Mit Gras als regionalem und kurzfristig verfügbarem Rohstoff könnten die knapper werdenden Ressourcen Holz und Altpapier geschont, der Energie- und Schadstoffverbrauch verringert und Kosten eingespart werden.

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