Fehlender Deponieraum

Der drohende Mangel an Deponieraum spitzt sich zu. In Niedersachsen reicht die Ablagerungskapazität nur noch wenige Jahre. Landesumweltminister Stefan Wenzel sieht die Kreise in der Pflicht.

Deponiemangel: Wenzel appelliert an Kreise


In vielen Bundesländern fehlen absehbar Deponien für Bodenaushub, Bauschutt und mäßig belastete mineralische Abfälle. Das ergibt eine Recherche des Politikmagazins „Panorama 3“ im NDR Fernsehen (Sendung: Heute Abend, Dienstag, 21. Februar, 21.15 Uhr). Bereits in weniger als in zehn Jahren seien in vielen Bundesländern die Deponien der Klasse 1 (DK I) voll.

Auch in Norddeutschland ist die Deponielage angespannt. Im Stadtstaat Hamburg gibt es überhaupt keine Deponie. Das Umweltministerium in Schleswig-Holstein verweist auf Gutachter, die davon ausgehen, dass im nördlichsten Bundesland bereits im Jahr 2022 alle DK I-Deponien „erschöpft sein könnten, wenn kein neues Deponievolumen zusätzlich errichtet würden“, berichtet der NDR.


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In Niedersachsen reiche die Restkapazität der DK I-Deponien rechnerisch nur noch viereinhalb Jahre. Zwar seien hier neue Deponiekapazitäten bereits bestandskräftig genehmigt. Diese seien aber regional sehr ungleich verteilt.

Die niedersächsische Landesregierung schreibt im neuen Raumordnungsprogramm vor, dass in der Regel alle 35 Kilometer eine Deponie der Klasse I angeboten werden solle. Im gesamten Nordwesten Niedersachsens sei jedoch schon jetzt keine DK I-Deponie verfügbar. Zwei Deponieprojekte von privaten Investoren in diesem Gebiet stoppte das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg nach Klagen von Anwohnern und Naturschützern. Im Norden habe nur Mecklenburg-Vorpommern ausreichend DK I-Deponieraum für die Zukunft.

Im westlichen Niedersachsen plant laut NDR nur der Landkreis Emsland, die Deponie in Dörpen (Deponie der Klasse II für Abfälle mit höherer Belastung) um einen Abschnitt der Klasse I zu ergänzen. Ähnlich verfahre der Landkreis Grafschaft Bentheim mit seiner DK II-Deponie in Wilsum. Dort sei eine Erweiterung um einen kleinen DK I-Abschnitt bereits genehmigt.

Die Landkreise Ammerland, Cloppenburg und Diepholz verweisen dem Sender zufolge auf ihre Deponien der höheren Klasse II. Die Ablagerung auf DK II-Deponien ist aber üblicherweise teurer als auf DK I-Deponien. Die Folge davon sei, dass Bauschutt und Boden in diesem Fall über weite Entfernungen zur nächsten günstigen DK-I-Deponie gefahren wird.

Alle anderen Landkreise und kreisfreien Städte im westlichen Niedersachsen planen derzeit keine DK I-Deponien. Von Seiten des niedersächsischen Landkreistags hieß es laut NDR dazu: „Hierzu können wir nichts beitragen.“

Auch bundesweit sind Kapazitäten knapp

Ähnlich wie in Norddeutschland sieht es im gesamten Bundesgebiet aus. In Sachsen wird der Deponieraum auf allen DK I-Deponien bereits in diesem Jahr erschöpft sein. Zwar sind hier neue Kapazitäten genehmigt; wann diese in Betrieb gehen, sei dem sächsischen Umweltministerium allerdings nicht bekannt, so der NDR.

In Thüringen betrage die Restlaufzeit von DK I-Deponien inklusive neuer Kapazitäten nur noch acht Jahre, obwohl gesetzlich eine Restkapazität von zehn Jahren verlangt wird. In Rheinland-Pfalz seien bereits in sieben Jahren alles voll. Für Nordrhein-Westfalen kam ein Gutachten 2014 zu dem Ergebnis: „Selbst bei Umsetzung aller bekannten Planungen für neue DK I-Deponien bzw. Deponieabschnitte reichen die Volumina in einzelnen Regierungsbezirken für lediglich drei Jahre.“


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Da bereits heute in einigen Regionen Deutschlands nur begrenzt Deponiekapazitäten zur Verfügung stehen, wird der Bodenaushub, Bauschutt und mäßig belasteter mineralischer Abfall teilweise über mehrere hundert Kilometer transportiert. „Den Preis dafür zahlen letztendlich die Bauherren“, meint Harald Freise, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie in Niedersachsen und Bremen. Er geht davon aus, dass durch Gesetzesänderungen künftig sogar noch mehr Bauabfälle auf Deponien entsorgt werden müssen, als es heute bereits der Fall ist.

Für die Entsorgung zuständig sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Sie müssen auch dafür sorgen, dass neue Deponien geschaffen werden. Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (B’90/Grüne) nimmt die Kreise in die Pflicht und fordert verstärkte Anstrengungen. Davon würden letztendlich auch die Kreise selbst profitieren, meint er: „Wenn die öffentliche Baumaßnahmen haben, dann liegt es auch im Interesse der Kreise, dass man in vertretbarer Entfernung solche Deponiemöglichkeiten hat, sonst fallen eben höhere Kosten für die Transporte an.“

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