Gegen Lebensmittelverschwendung

Auf die Recyclingwirtschaft könnten neue Herausforderungen zukommen: Bundes-Ernährungsminister Christian Schmidt hat angekündigt, bis 2030 die weggeworfenen Lebensmittelmengen zu halbieren. Dafür will er Verpackungen mit elektronischen Chips ausstatten.

Ernährungsminister Schmidt fordert intelligente Verpackungen


Jährlich landen in Deutschland rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Das hat eine Studie von Professor Martin Kranert vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart ergeben. 6,7 Millionen Tonnen fallen davon in Privathaushalten an – etwa 82 Kilogramm pro Kopf. Doch das soll sich ändern, glaubt man Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft.

In einem Interview mit der Funke-Mediengruppe sagte Schmidt, es sei sein Ziel, „die Nahrungsmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren. 82 Kilo Lebensmittelabfall pro Kopf im Jahr sind deutlich zu viel“. Er plädierte dafür, auf die Verpackungen von Milch oder Schinken ein echtes Verfallsdatum zu drucken, also eines, das angibt, ab wann die Produkte tatsächlich nicht mehr genießbar sind.

Zukunft intelligente Verpackungen

Der CSU-Politiker macht sich derzeit in Brüssel für die Abschaffung des Haltbarkeitsdatums stark. Im Interview sagte er, dass er davon ausgehe, „dass in wenigen Monaten der Entwurf einer entsprechenden EU-Richtlinie vorliege. Allerdings werde diese Veränderung des Haltbarkeitsdatums nur eine Übergangslösung sein. Die Zukunft, so Schmidt, gehöre der intelligenten Verpackung.

Wie die genau aussehen soll, skizzierte der Minister folgendermaßen: „In Verpackungen wie Joghurtbechern kann man elektronische Chips einbauen. Sie ermitteln, wie sich das Produkt von Tag zu Tag verändert. Eine Farbskala von Grün bis Rot zeigt an, wie es um die Verzehrbarkeit steht.“ Jeder könne dann selbst entscheiden, bis zu welchem Grad er das Nahrungsmittel noch verwenden will.

Das Thema verfolgt Schmidt bereits offensiv. Nach seiner Aussage fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ein Forschungsprojekt, in dem es auch um intelligente Verpackung geht. Die Förderhöhe des Gesamtpakets liege bei 10 Millionen Euro. Ergebnisse erwartet er in etwa drei Jahren.

Keine universelle Verpackung

Einen Chip in die Verpackungen zu integrieren, ist eine komplexe Aufgabe, an der bereits einige Wissenschaftler arbeiten. So unter anderem auch Sabine Trupp von der Fraunhofer-Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien (EMFT). Sie arbeitet an der Entwicklung von Sensorfolien aus Kunststoff. Auf diese Folien werden Indikatorfarbstoffe gedruckt, die ihre Farbe wechseln, wenn ein verpacktes Lebensmittel verdirbt. Dabei bilden sich Zerfallsprodukte, die etwa den pH-Wert innerhalb der Verpackung ändern.

Bei abgepacktem Fleisch arbeiten einige Unternehmen bereits mit intelligenten Verpackungen. Schutzgas könne in eine Fleischschale, die mit einer Folie abgedeckt wird, eingeführt werden, sagte Ulf Kelterborn, Hauptgeschäftsführer der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen im Deutschlandfunk. „Wenn sich das Gas negativ verändert, dann nimmt dieses […] eine Farbe an, und der Verbraucher kann sehen, jetzt kann ich das Fleisch nicht mehr essen.“

Eine intelligente Verpackung für alle Lebensmittel dürfte es wohl nicht geben. Jedes Lebensmittel verdirbt unterschiedlich schnell, die ausgesonderten Zerfallsprodukte sind nicht immer gleich. Im Umkehrschluss bedeutet das: Die Verpackung für jedes Lebensmittel muss individuell ausfallen. Was das für die Recycler bedeutet, ist noch nicht abzusehen.

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