Umfrage unter Gemeinden

In vielen Kommunen wird das Thema Digitalisierung nur stiefmütterlich behandelt, wie eine aktuelle Studie zeigt. Das zeigten schon die Vorbereitungen für die Studie: Bei einem Viertel der Kommunen konnte im Vorfeld keine allgemeine E-Mail-Adresse ermittelt werden.

Studie beklagt geringe Online-Affinität der Kommunen


Viele deutsche Kommunen sind nicht auf die Digitalisierung vorbereitet. Das zeigt eine Kommunalbefragung sämtlicher 11.084 Gemeinden in Deutschland, die der VDI zusammen mit der Universität Hohenheim durchgeführt hat. An der Umfrage haben sich 10 Prozent der (Ober-)Bürgermeister beteiligt, die alle Gemeindegrößen repräsentieren.

Die Ergebnisse zeigen, dass 42 Prozent der deutschen Kommunen der Meinung sind, dass sie nur teilweise auf die mit der Digitalisierung einhergehenden Veränderungen vorbereitet sind. Ein Fünftel fühlt sich sogar schlecht aufgestellt. Bei einem Viertel der Kommunen konnte im Vorfeld der Online-Befragung noch nicht einmal eine allgemeine E-Mail-Adresse ermittelt werden.

Finanzielle und technische Hürden

Befragt nach den Gründen gaben die Teilnehmer vor allem finanzielle (53 Prozent) und technische (46 Prozent) Hürden an. Auch die fehlende Beratung wurde genannt. Außerdem spielt die mangelnde Anzahl an geschultem Personal eine große Rolle (43 Prozent). In den Verwaltungen der Kommunen sei durch die Altersstruktur der Mitarbeiter mit ihrer geringen Computeraffinität und geringem technischem Know-how eine Umstellung schwer durchsetzbar.

„Vom papierlosen Büro über die digitale Verwaltung bis hin zur Smart-City – die Potenziale der Digitalisierung gewinnbringend zu nutzen, sind in den Kommunen noch lange nicht ausgeschöpft“, resümiert Christof Kerkhoff, Geschäftsführer der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik. Besser geschultes und mehr Personal oder auch überregionale Kompetenzstellen und externe Berater könnten den Kommunen helfen, meint Kerkhoff. „Ein unabhängiger und für die Kommunen kostenloser Smart-City-Planer könnte fair beraten, ein umfassendes Konzept erstellen und die effizientesten Lösungen finden und so die Kommune sukzessive in ihre Smart-City-Zukunft führen.“

Laut Studie nehmen die Kommunen auch die vielfältigen Potenziale der Ressourceneffizienz als Querschnittsthema nur unzureichend wahr. Vielfach werde Ressourceneffizienz lediglich als ein Synonym für Energieeffizienz begriffen, so der VDI. Beratungs- und Informationsangebote zum Zusammenhang zwischen Ressourcen- und Energieeffizienz und Klimaschutz fehlten weitestgehend.

Neue VKU-Innovationsplattform

Der Kommunalverband VKU hat das Defizit erkannt und vergangene Woche eine Innovationsplattform ins Leben gerufen, die als Schnittstelle zwischen Kommunalwirtschaft und digitalen Gründern dienen soll. In den Monaten zuvor hatten sich Entscheider aus der Energie-, Wasser/Abwasser-, Abfall- und Telekommunikationswirtschaft sowie CEOs verschiedener Startups der Digitalbranche auf „Learning Journeys“ in vier Metropolen getroffen. In eintägigen Design-Thinking-Workshops entwickelten sie gemeinsam digitale Geschäftsmodelle und Dienstleistungen für kommunale Unternehmen.

„Mit dem Start der VKU-Innovationsplattform markieren wir nicht das Ende unserer Lernreise, sondern machen uns auf den Weg zum next level“, sagt Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des VKU. „Wir haben verstanden, dass es neue Strategien, neue Arbeitsmethoden und den Mut braucht, Bewährtes in Frage zu stellen, um den aktuellen Entwicklungen nicht nur zu folgen, sondern um selbst innovative Trends zu setzen. Mit der VKU-Innovationsplattform bringen wir Akteure aus Kommunalwirtschaft sowie Startup-Szene dauerhaft zusammen und wollen damit die gesamte Branche verändern. “

Koordiniert werden die neu entwickelten Konzepte durch das VKU-Tochterunternehmen VKU Consult, das die Umsetzung der Geschäftsideen der Plattformpartner begleiten und zur Marktreife führen will. Bei der Verbandstagung des VKU am 14. März haben Startups, Gründer und junge Unternehmen beim ersten „VKU Innovation Pitch“ erstmals die Gelegenheit, ihre Produkte, Dienstleistungen und Prototypen rund um die Zukunftsthemen der kommunalen Energie-, Wasser-, Abfallwirtschaft und Telekommunikation einem kompetenten Fachpublikum vorzustellen. Fünf im Vorfeld durch die VKU-Mitgliedsunternehmen nominierte Firmen pitchen dabei vor rund 1.000 Entscheidern der Kommunalwirtschaft.

„Innovativen Unternehmen bieten wir damit den direkten Einstieg in den riesigen Markt der Kommunalwirtschaft“, sagt Andreas Feicht, Vizepräsident des VKU. „Unsere Mitglieder erleben im Gegenzug den spannenden Wettbewerb der Ideen und gewinnen Kooperationspartner, die aufgrund ihrer Agilität mit enormer Geschwindigkeit neue Produkte am Markt etablieren können – eine Win-Win-Situation für beide Seiten.“

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