Einführung der Biotonne

Ein Großteil der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger hat seine Hausaufgaben gemacht. Wie aus einer Umfrage von 320° in allen Bundesländern hervorgeht, wurde die Biotonne inzwischen in 87 Prozent der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsgebiete eingeführt. Tatsache ist aber auch, dass sie in zahlreichen Städten und Kreisen immer noch fehlt.

Umfrage: 87 Prozent der Städte und Kreise haben Biotonne eingeführt


Die überwiegende Mehrheit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) in Deutschland hat die Biotonne rechtzeitig zum Jahresbeginn eingeführt. Das belegt eine Umfrage, die 320° in allen 16 Bundesländern durchgeführt hat. Insgesamt nannten die zuständigen Behörden 748 örE (eischließlich Zweckverbände), die für die Einführung der Biotonne zuständig sind. Davon haben den Angaben zufolge 651 Kreise oder Städte die Biotonne vor dem 1. Januar 2015 eingeführt. In 97 Städten und Kreisen fehlt sie noch. In den einzelnen Bundesländern stellt sich die Situation wie folgt dar:

In Baden-Württemberg gibt es laut Umweltministerium insgesamt 44 örE. Davon haben 33 die Pflichttonne eingeführt, wobei in Stuttgart und dem Alb-Donaukreis nach Angaben eines Ministeriumssprechers die Sammlung noch nicht flächendeckend ist. Demnach wurde also in einem Viertel der Gebiete die Biotonne noch nicht verteilt. Zwei davon wollen die Pflicht zur Einführung durch die erfolgreiche Phosphor-Rückgewinnung abwenden. Der Nachweis dazu steht aber noch aus. Mit den restlichen Kreisen werden derzeit Gespräche geführt, sie müssen vor allem nachweisen, wie sie die Abfälle bestmöglich verwerten wollen. „Die betroffenen Kreise sind in der Pflicht, ihre Planungen voranzutreiben“, heißt es aus dem Ministerium.

Etwas höher liegt die Einführungsquote in Bayern. Hier sind 80 der insgesamt 96 öffentlich-rechtlichen Entsorger der Tonnenpflicht nachgekommen. In zwei Kreisen gibt es statt eines Holsystems ein Bringsystem. Bei den 16 örE ohne Biotonne verweisen laut Umweltministerium die meisten auf noch laufende Studien zu Umsetzung, drei wollen die Tonne sehr bald einführen, bei sechs Körperschaften steht die Rechtfertigung noch aus.

Weniger als ein Drittel der örE ist bisher in Brandenburg der Aufforderung aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nachgekommen: Lediglich 5 von 17 örE haben bisher die Tonne eingeführt. Damit ist Brandenburg deutschlandweit Schlusslicht. „Eigenkompostierung war und wird nicht verboten“, heißt es aus dem Ministerium. „Unsere Strategie zur Umsetzung der rechtlichen Anforderungen lässt ausreichend Spielraum, um die konkrete Situation im jeweiligen Entsorgungsgebiet zu berücksichtigen.“ Dennoch betont ein Sprecher: „Mindestens ist den Bürgern aber ein flächendeckendes Angebot zur freiwilligen Benutzung der Biotonne zu machen.“

Hessen liegt auf einem der Spitzenplätze, was die Einführung der Biotonne angeht. Hier haben sie bereits 28 von 29 örE eingeführt. Dem Nachzügler klopft das Ministerium bereits auf die Finger. „Das hessische Umweltministerium vertritt die Auffassung, dass der Landkreis seiner Pflicht (…) nicht nachgekommen ist und hat daher das zuständige Regierungspräsidium beauftragt, diesen Verstoß rechtsaufsichtlich zu überprüfen und gegebenenfalls zu beanstanden“, teilte ein Sprecher mit.

Auch in Mecklenburg-Vorpommern gibt es inzwischen in fast allen Entsorgungsgebieten die Biotonne: 6 von 8 Kreisen haben sie bereits eingeführt. Der Sprecher des zuständigen Wirtschaftsministeriums geht aber davon aus, dass auch in den restlichen Gebieten die Tonne rasch flächendeckend kommen wird.

Von einem „guten Ergebnis in der Vorbereitung der Umstellung“ spricht auch das Umweltministerium in Niedersachsen. Dort haben 41 von 49 örE die Biotonne eingeführt. Sonderbehandlungen für die acht Nachzügler wird es nicht geben. Sie werden erneut aufgefordert, die Tonnenpflicht umzusetzen.

Zu über 90 Prozent wurde die Biotonne inzwischen in Nordrhein-Westfalen eingeführt. In dem kleinteiligen Bundesland sind laut Städte- und Gemeindebund 396 Städte- und Gemeinden für die Erfassung zuständig. Wie viele davon in Entsorgungsgemeinschaften zusammenarbeiten, konnte der Sprecher des Umweltministeriums nicht sagen. Soviel aber steht fest: in 363 Städten und Gemeinden stehen bereits Biotonnen. Ob die restlichen Entsorgungsgebiete gezwungen werden, die Tonne aufzustellen, steht noch nicht fest. Viele führen vor allem Unwirtschaftlichkeit oder die hohe Eigenkompostierung ins Feld.

Im Mittelfeld sind die Entsorgungsträger in Rheinland-Pfalz. 29 von 36 örE haben die Getrenntsammlung von Bioabfällen bereits eingeführt. Unter den sieben Nachzüglern ist auch die Region Trier, die bereits verkündet hat, die Tonne nicht einführen zu wollen. Das Argument: Das bisherige Behandlungsverfahren für Rest- und Biomüll erfülle bereits die Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord sieht das anders und setzt Trier nun eine Frist bis zum Jahr 2017. Auch in den restlichen Gebieten soll laut Auskunft des Umweltministeriums bis in spätestens zwei Jahren die Tonne eingeführt werden.

„Aufgabenstellung zu hundert Prozent erfüllt“, vermeldet hingegen das Saarland. Hier wurde in allen neun Entsorgungsgebieten die Tonne über einen „weichen“ Anschluss- und Benutzungszwang eingeführt. „Weich“ bedeutet laut einer Sprecherin des Umweltministeriums, dass zunächst alle Grundstücksbesitzer die Tonne bekommen haben. Bei denjenigen, die glaubhaft machen konnten, dass sie die Bioabfälle selbst kompostieren, wurde sie wieder abgezogen.

In Sachsen gibt es zum Jahresbeginn noch drei örE, die die kommunale Biotonne noch nicht eingeführt haben. Insgesamt sind in dem Bundesland 18 örE tätig. Da jedoch nach Angaben eines Ministeriumssprechers mehrere in Zweckverbänden entsorgen, sind es insgesamt 12 Entsorgungsgebiete. Alle drei Gebiete, in denen die Biotonne noch fehlt, wollen versuchen, das vorhandene Bioabfallpotenzial durch eine Kombination aus Eigenkompostierung, gewerblicher Sammlung von Bioabfällen durch private Entsorgungsunternehmen und kommunaler Grüngutsammlung weitgehend auszuschöpfen. Ob das ausreicht, um von der Pflicht befreit zu werden, möchte das Ministerium jährlich anhand der Abfallbilanzen überprüfen.

Überprüft werden sollen auch zwei Landkreise in Sachsen-Anhalt. Sie sind die einzigen beiden von 14 örE, in denen Bioabfälle noch nicht getrennt gesammelt werden. Einer der Kreise hat laut Umweltministerium versprochen, die Tonne bis 2017 einzuführen. Der Kreis ist von einer „erheblichen wirtschaftlichen Mehraufwendung“ überzeugt und prüft nun die Wirtschaftlichkeit von Bioabfallsäcken in einzelnen Versuchsgebieten.

Ein weiterer Primus ist Schleswig-Holstein. Auch hier wird 100-prozentiger Vollzug gemeldet. „In Schleswig-Holstein erfolgte die Einführung der Biotonne bereits in den 90-er Jahren“, heißt es aus dem zuständigen Ministerium. Alle 15 örE bieten die Tonne seit Jahren an. Mit einer kleinen Ausnahme: In Kiel sind derzeit erst 50 Prozent der Einwohner an die Tonne angeschlossen, der Anschluss des restlichen Stadtgebietes steht aber „unmittelbar bevor“.

Kurz vor den 100 Prozent steht auch Thüringen. Hier gibt es die Biotonne in 18 von 20 Entsorgungsgebieten. Zu den Nachzüglern teilt das Umweltministerium mit: „Bei einem örE wird das System zur getrennten Erfassung von Bioabfällen vorbereitet und ein örE befindet sich in der Planung hierzu.“

Aus den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg kommt ebenfalls die Aussage, dass die Hausaufgaben überwiegend gemacht sind, die Tonne ist in allen Städten eingeführt – wenn auch nicht flächendeckend. In Bremen ist die Biotonne bereits seit 1997 freiwilliger Bestandteil der öffentlichen Abfallentsorgung – auch wenn sich nicht alle Haushalte für eine Tonne entschieden haben. In Berlin sind rund 80 Prozent der Haushalte an die Biotonne angeschlossen, die restlichen Bewohner führen überwiegend Eigenkompostierungen durch. In Hamburg will die zuständige Stadtreinigung den Anschlussgrad weiter erhöhen. Vor allem bei Mietshäusern bestehe Nachholbedarf – hier steht erst bei 40 Prozent die Tonne vor der Türe. Die Eigenkompostierung soll aber auch in Hamburg weiter erlaubt sein.

© 320°/ek | 22.01.2015

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