Preisabsprachen

Fast vier Milliarden Euro mussten Lkw-Hersteller bereits wegen Preisabsprachen zahlen. Nun wird das Verfahren neu aufgerollt. Es geht um Schadenersatz für geprellte Käufer. Sie fordern mehr als eine halbe Milliarde Euro.

Landgericht München muss Lkw-Kartellprozess neu aufrollen


Das Landgericht München muss den größten Schadenersatzprozess gegen ein Lkw-Kartell neu aufrollen. Das Oberlandesgericht München hob am Donnerstag das vor drei Jahren gefällte Urteil auf und verwies das Verfahren zur Neuverhandlung an das Landgericht zurück.

Die EU-Kommission hatte 2016 festgestellt, dass die Lkw-Hersteller von 1997 bis 2011 gegen das Kartellverbot verstoßen hatten, weil sie Preise für mittelschwere und schwere Lkw sowie den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung der Abgastechnik abgesprochen hatten. Die EU-Kommission hatte offen gelassen, ob den Lkw-Käufern durch das Kartell ein Schaden entstanden ist. Die Lkw-Hersteller bestreiten dies.

Die EU-Kommission hatte gegen die Lkw-Konzerne DAF, Daimler, Iveco, Scania und Volvo/Renault Geldbußen von fast vier Milliarden Euro verhängt. MAN ging als Kronzeuge straffrei aus.

33 Prozent Provision

Die Käufer von rund 70.000 angeblich überteuerten Lkw fordern von MAN, Daimler, Iveco und Volvo/Renault 560 Millionen Euro Schadenersatz plus Zinsen. Dazu haben sie ihre Ansprüche an den Inkasso- und Rechtsdienstleister Financialright Claims abgetreten: Er tritt als alleiniger Kläger auf und erhält im Erfolgsfall 33 Prozent Provision.

In erster Instanz war die Sammelklage gescheitert: Das Landgericht hatte sie 2020 als teils unzulässig, teils unbegründet abgewiesen. Die Klägerin Financialright Claims sei nicht anspruchsberechtigt, weil die Abtretungen gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstießen und deshalb nichtig seien. Das Oberlandesgericht (OLG) kam in der Berufungsinstanz zu einer anderen Einschätzung.

„Der Rechtsstreit ist derzeit insgesamt nicht entscheidungsreif“, so der Kartellsenat des OLG. Das Vorgehen der Klägerin sei durch die Inkassobefugnis gedeckt. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Daimler prüft Rechtsmittel

Bei der Klage geht es um verschiedene Lkw und Kunden aus ganz Europa sowie um Ansprüche aus dem besonders komplizierten Kartellrecht.  Die Lkw-Hersteller kritisieren, dass die Bündelung tausender Ansprüche mit völlig unterschiedlichen Erfolgsaussichten und die wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Prozessfinanzierer den Abschluss von Vergleichen erschwere.

Daimler Truck teilte mit, der Konzern prüfe, ob er Rechtsmittel einlege. „Wir können die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehen.“ Daimler betonte, das Urteil befasse sich ausschließlich mit formalen Vorfragen der Klage und treffe keine Aussage über einen möglichen Schaden. „Wir werden uns auch weiterhin entschieden gegen unberechtigte Ansprüche zur Wehr setzen.“

320°/dpa/re

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