Verpackungsverordnung

Die Deutsche Umwelthilfe zeigt sich enttäuscht: Der Umweltausschuss im EU-Parlament habe viele Vorgaben in der EU-Verpackungsverordnung abgeschwächt. Der Lobby-Druck der Einweg-Industrie habe Wirkung gezeigt.

Verpackungsverordnung: „Ambitionslos und enttäuschend“


Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zeigt sich enttäuscht über die heute vom Umweltausschuss des Europäischen Parlaments verabschiedete Position zur EU-Verpackungsverordnung. Diese sei „ambitionslos und enttäuschend“. Insbesondere die Maßnahmen zur Förderung von Mehrwegverpackungen bleiben nach Ansicht des Umweltverbands weit hinter den Vorschlägen der EU-Kommission zurück.

Kritisch sieht die Umwelthilfe unter anderem, dass der Umweltausschuss die Mehrwegquoten für To-go-Verpackungen streichen will. Das würden sich weitere Schlupflöcher für Einweg-Papierverpackungen öffnen, die ebenfalls erhebliche Umweltauswirkungen mit sich brächten. Auch die EU-weiten Ziele zur getrennten Sammlung von Einweg-Plastikflaschen und Getränkedosen für ein besseres Recycling seien abgeschwächt worden.

„Lobby-Druck hat Wirkung gezeigt“

„Ich bin entsetzt über die beispiellose Ambitionslosigkeit und Verwässerung des Gesetzesentwurfs“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. „Offensichtlich hat der Lobby-Druck der Einweg-Industrie auf die EU-Abgeordneten in den vergangenen Monaten Wirkung gezeigt.“

Mit fragwürdigen Studien, Werbekampagnen und sogar Plakatierungen in den Straßen von Brüssel habe die Einweg-Lobby alle Register gezogen, um „Einweg grün zu waschen und verbindliche Mehrwegvorgaben zu verhindern“, so Metz. „Mit Erfolg – Mehrwegquoten für Takeaway-Verpackungen wurden komplett gestrichen, vorgesehen ist lediglich eine Pflicht zum Mehrwegangebot für Getränke in der Gastronomie.“

Metz kritisiert auch, dass nur der Handel verpflichtet werden soll, Mehrweggetränke anzubieten. Die Getränkehersteller müssten keine Mehrwegquoten erfüllen, wie es die Europäische Kommission vorgeschlagen hatte. „Dadurch wird die Chance verpasst, dass Getränkegiganten wie Coca-Cola, Red Bull, Nestlé und Co. von ihrer Einweg-Strategie abweichen und zwingend in Mehrweggetränkeflaschen abfüllen müssen. Wenn wir in der EU wirklich Verpackungsabfälle reduzieren wollen, muss das Plenum des EU-Parlaments deutlich gegensteuern.“

Widerspruch zur Einwegkunststoffrichtlinie

Aus Sicht der Umwelthilfe macht der Umweltausschuss zudem das geplante Verbot von Einwegverpackungen für den Verzehr vor Ort in der Gastronomie praktisch wirkungslos, indem ein Großteil der Gastronomiebetriebe ausgenommen werden soll. Auch die Vorgaben für mehr unverpacktes Obst und Gemüse in Supermärkten würden mit den neuen Regelungen an vielen Stellen ins Leere laufen. Sie sollen nur für Kunststoff- und Verbundverpackungen gelten, nicht aber für reine Papierverpackungen.

„Statt die Einwegmüllflut konsequent einzudämmen, werden viele der geplanten Änderungen zwar Einweg-Plastikverpackungen beschränken, aber den Anstieg von Papierverpackungen zur Folge haben“, sagt Elena Schägg, Leiterin Verpackungen bei der DUH. „Das ist keine gute Entwicklung, die europäischen Wälder stoßen aufgrund des gestiegenen Papierbedarfs bereits an ihre Grenzen, Brasilien ist inzwischen größter Zellstofflieferant für die EU. Schon heute wird 50 Prozent des gesamten Papierverbrauchs in der EU nur für Verpackungen verwendet, Tendenz steigend.“

Die Ambitionen für ein besseres Recycling von Verpackungen seien durch den Umweltausschuss ebenfalls zurückgeschraubt worden. So sei das bis 2029 zu erreichende Ziel für die getrennte Sammlung von Einwegplastikflaschen und Getränkedosen für die EU-Länder von 90 auf 85 Prozent abgeschwächt worden. „Die 2019 beschlossene Einwegkunststoffrichtlinie sieht eine getrennte Sammlung von Einweg-Plastikflaschen von 90 Prozent bis 2029 vor. Wir sehen nun einen Widerspruch zur EU-Verpackungsverordnung, die lediglich 85 Prozent verlangt“, sagt Schägg. „Wie soll das vereinbar sein? Es ist enttäuschend, dass wir in 2023 scheinbar ambitionslosere Umweltpolitik aus der EU erwarten dürfen als noch vor vier Jahren.“

320°/re

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