Energiekosten

Die EU-Politik orientiert sich zu wenig an den Interessen der Wirtschaft, mahnen hochrangige Wirtschaftsvertreter und Industrieverbände. Sie fordern niedrigere Energiekosten und mehr europäische Bergbauprojekte. Umweltverbände sind entsetzt.

Konzernchefs fordern industriefreundlichere EU-Politik


Mehr als 70 hochrangige Unternehmensvertreter und 15 Industrieverbände fordern eine industriefreundlichere EU-Politik. In einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung sprechen sie sich unter anderem für einfachere staatliche Beihilfen, niedrigere Energiekosten und mehr europäische Bergbauprojekte für wichtige Rohstoffe aus. In dem Papier, das auch Vertreter von Dax-Unternehmen unterzeichneten, warnen sie zudem eindringlich vor der Konkurrenz aus den USA und China.

Die US-Wirtschaft profitiere beispielsweise von staatlichen Hilfen über den sogenannten Inflation Reduction Act (IRA), zudem erhöhten chinesische Überkapazitäten und steigende Exporte nach Europa den Druck auf die europäische Industrie. „Unsere Unternehmen sind täglich mit dieser Herausforderung konfrontiert. Standorte werden geschlossen, die Produktion gestoppt, Mitarbeiter entlassen“, heißt es. Unterzeichnet wurde die Erklärung unter anderem von Bayer-Vorstandschef Bill Anderson und BASF-Chef Martin Brudermüller.

Anlass für die Erklärung war ein Treffen von Industrievertretern mit dem belgischen Premierminister Alexander De Croo und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Gemeinsam mit der belgischen EU-Ratspräsidentschaft hatten die Unternehmen für Dienstag einen europäischen Industriegipfel organisiert.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

Vehemente Kritik an der Veranstaltung kommt von Umweltverbänden. „Wir sind entsetzt“, heißt es in einem offenen Brief an De Croo. Organisationen wie Greenpeace Belgien und die Stiftung Aurelia werfen den Autoren beispielsweise vor, die Verantwortung der Unternehmen für die Klima- und Biodiversitätskrise nicht anzuerkennen. Diese Krisen stellten eine enorme Gefahr für den Planeten dar. Sie seien das Ergebnis jahrzehntelanger unverantwortlicher Unternehmensentscheidungen.

Die Unternehmen drängen in ihrer Erklärung auch darauf, dass Staaten risikoreiche Investitionen in erneuerbare Energien besser absichern. Die nächste EU-Kommission müsse neuen Projekten für bezahlbare erneuerbare und nukleare Energie Priorität einräumen. Am 9. Juni finden die Europawahlen statt, bei denen auch eine neue EU-Kommission bestimmt wird.

Darüber hinaus plädieren die Industrievertreter dafür, dass Freihandels- und andere Abkommen die Versorgung der Industrie mit wichtigen Rohstoffen sichern und den Zugang zu neuen Märkten ermöglichen. Jedes neue EU-Gesetz sollte vor seiner Verabschiedung auf seine Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen geprüft werden.

320°/dpa

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