Neuer Abfallwirtschaftsplan

In Baden-Württemberg gilt seit kurzem ein neuer Abfallwirtschaftsplan. Die Landesregierung will vor allem in 7 Handlungsfeldern aktiv werden. Ein Überblick über die geplanten Maßnahmen.

7 Handlungsfelder für Baden-Württemberg


Das Umweltministerium in Baden-Württemberg hat einen neuen Abfallwirtschaftsplan, Teilplan Siedlungsabfälle, vorgelegt. Mit dem 199 Seiten starken Papier will das Bundesland zum einen den neuen europäischen und bundesrechtlichen Anforderungen gerecht werden. Vor allem aber soll das selbstgesteckte Ziel erreicht werden, die Erfassung und Verwertung von bestimmten Abfällen zu verbessern.

Der neue Abfallwirtschaftsplan gilt für die kommenden 10 Jahre und knüpft an den bislang gültigen Abfallwirtschaftsplan aus dem Jahr 1998 an. Ein Großteil der damals formulierten Ziele für die Erfassung pro Einwohner und Jahr (kg/Ea) wurde in den vergangenen Jahren erreicht, wie die folgenden Zahlen zeigen:

  • Erfassung von Hausmüll/Geschäftsmüll:
    Soll: 118 (kg/Ea); Ist (2011): 124 kg/Ea
  • Erfassung von Bioabfällen:
    Soll: 45 kg/Ea; Ist (2011): 42 kg/Ea
  • Erfassung von Grünabfällen:
    Soll: 90 kg/Ea: Ist (2011): 86 kg/Ea
  • Erfassung von Wertstoffen:
    Soll: 150 kg/Ea; Ist (2011): 151 kg/Ea

Für den neuen Abfallwirtschaftsplan hat das Umweltministerium nun 7 prioritäre Felder identifiziert, in denen die Politik noch stärkeren Handlungsbedarf sieht. Dazu zählen die Bereiche Bioabfälle, Grünabfälle und Wertstoffe sowie Elektro- und Elektronikaltgeräte. Zudem sieht das Land Nachholbedarf bei Klärschlämmen und Bauabfällen. Im Einzelnen werden mit dem neuen Abfallwirtschaftsplan folgende Ziele angestrebt:

Bioabfall:
Bioabfälle werden in Baden-Württemberg in 32 von 44 Stadt- und Landkreisen flächendeckend erfasst. Die Mengen schwanken dabei zwischen 10 kg/Ea im Rhein-Neckar-Kreis und 128 kg/Ea in Baden-Baden. Daraus resultiert ein Durchschnittswert von 58 kg/Ea. Am höchsten sind die Erfassungsmengen in denjenigen 22 Kreisen, die nicht nur flächendeckend erfassen, sondern auch einen Anschluss- und Benutzungszwang haben. Verwertet werden die Bioabfälle zu 73 Prozent in 12 Kompostierungsanlagen und zu 27 Prozent in 9 Vergärungsanlagen.

Um die Erfassung zu steigern, führt das Ministerium zwei Optionen an. Im ersten Szenario sollen die 12 Kreise, die Bioabfall noch nicht separat sammeln, dazu verpflichtet werden. Allerdings ohne einen generellen Anschluss- und Benutzungszwang. Davon verspricht sich das Ministerium eine zusätzliche Menge von 9,5 kg/Ea. Das zweite Szenario schlägt einen generellen Anschluss- und Benutzungszwang vor. Damit könnten nach Auffassung des Ministeriums 25,2 kg/Ea zusätzlich erfasst werden. Basierend auf der Ausgangslage von 42 kg/Ea könnte die Erfassung somit im ersten Szenario auf rund 51 kg/Ea gesteigert werden, im zweiten Szenario auf rund 67 kg/Ea. Das Ministerium strebt bis 2020 eine Steigerung auf wenigstens 60 kg/Ea an.

Grünabfall:
Eine höhere Sammelmenge ist im Abfallwirtschaftsplan auch für kompostierbare Garten- und Parkabfälle vorgesehen. Bislang werden diese Abfälle in 29 Kreisen auf insgesamt 772 Grünabfallsammelplätze (Häcksel- und Kompostplätze) erfasst. Von derzeit 86 kg/Ea soll die Menge auf durchschnittlich 90 kg/Ea bis zum Jahr 2020 gesteigert werden.

Darüber hinaus sollen Grünabfälle besser energetisch verwertet werden. Dabei stehen hauptsächlich holzige Bestandteile im Fokus. Deren Anteil an der Verbrennung soll auf 20 Prozent wachsen, vor allem durch eine verbesserte Abtrennung. Aber auch saftendes und krautiges Material soll zu 25 Prozent in der Biogasanlage energetisch genutzt und erst dann als Kompost eingesetzt werden. Das will das Umweltministerium durch 6 bis 7 neue Vergärungsanlagen realisieren.

Bislang werden nur 18 Prozent der Abfälle verbrannt oder in Biogasanlagen behandelt. Der überwiegende Teil (82 Prozent) wird stofflich in den 68 Grünabfallkompostierungsanlagen verwertet, die in Baden-Württemberg in Betrieb sind.

Wertstoffe:
Wenngleich in Baden-Württemberg die Sammel- und Verwertungsquoten für Verpackungsabfälle erfüllt werden, will das Umweltministerium prüfen lassen, ob die Erfassung von Papier und Glas durch ein Holsystem (Papiermonotonne oder Glasbox) erhöht werden kann. Einen größeren Handlungsbedarf sieht das Ministerium allerdings für stoffgleiche Nichtverpackungen (stNVP). Zurzeit landen diese Wertstoffe häufig noch in der Restmülltonne. Daher will Baden-Württemberg die stNVP gemeinsam mit Verpackungsabfällen in einer einheitlichen Wertstofftonne oder einem ähnlichen System gleicher Qualität erfassen. Davon verspricht sich das Ministerium eine Steigerung der Erfassung um 7 kg/Ea auf 160 kg/Ea.

Insgesamt lag das Aufkommen stoffgleicher Nichtverpackungen sowie anderer Wertstoffe 2011 bei rund 1,05 Millionen Tonnen. Mit gut 732.000 Tonnen stellte die Fraktion Papier, Pappe und Kartonagen den größten Anteil. Auf Platz 2 rangierte Holz (einschließlich Kork) mit 238.000 Tonnen. Zudem wurden rund 57.000 Tonnen Wertstoffe aus Metallen erfasst. Der Rest machen 13.000 Tonnen Textilien, 7.400 Tonnen Kunststoffe sowie gut 1.800 Tonnen andere Wertstoffe aus. Erwähnenswert sind hier 417 Tonnen Kabel, 333 Tonnen gebrauchte Speiseöle und -fette sowie 96 Tonnen Teppiche.

Elektro- und Elektronikaltgeräte:
Laut Abfallwirtschaftsplan fielen im Jahr 2011 in Baden-Württemberg 80.300 Tonnen Elektro-/Elektronikschrott an – ein Aufkommen von 7,5 Kilogramm je Einwohner und Jahr. Das Material hatten die Bürger entweder an kommunalen Sammelstellen (in 44 Kreisen) abgegeben oder abholen lassen (in 33 Kreisen).

Verwertet wurde der E-Schrott an 24 Zerlegeeinrichtungen. Insgesamt lag die Verwertungsquote zwischen 83,5 bis 93,5 Prozent. Damit werden laut Umweltministerium die aktuellen Vorgaben erfüllt. Nun gelte es, die Mindestsammelquote ab 2016 und ab 2019 zu erreichen und die Altgeräte als Ressourcenquelle zu sichern. Das soll durch ein dichteres Sammelsystemnetz und effizientere Recyclingprozesse umgesetzt werden.

Klärschlamm:
Davon fallen in Baden-Württemberg jährlich 247.000 Tonnen an. Darin enthalten sind laut Abfallwirtschaftsplan 8.700 Tonnen Phosphor, die das Umweltministerium in den Kläranlagen und aus der Asche der drei Klärschlammverbrennungsanlagen des Landes zurückgewinnen will. Dazu hat das Land bereits im Oktober 2012 eine Phosphor-Rückgewinnungsstrategie ausgegeben.

Erste Konsequenz war der Bau einer Pilotanlage zur Rückgewinnung von Phosphor auf dem Gelände der Kläranlage des Abwasserzweckverbandes Offenburg. Diese soll weiterentwickelt werden. Ähnliche Pilotanlagen vorrangig auf großen Kläranlagen sollen folgen. Darüber hinaus ist geplant, mehrere Pilotanlagen zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammasche zu realisieren. Als weitere Maßnahme sieht der Abfallwirtschaftsplan vor, die energetische Verwertung bis 2015 auf 95 Prozent auszubauen.

Bauabfälle:
Für Bauabfälle verzeichnet das Umweltministerium ein Aufkommen von knapp 31 Millionen Tonnen. Der Anteil, der durch örE entsorgt wurde, betrug 5,86 Millionen Tonnen. Das sind 52,5 Prozent des gesamten kommunalen Abfallaufkommens. Davon entfielen 4,9 Millionen Tonnen auf Bodenaushub, 760.000 Tonnen auf Bauschutt und 170.000 Tonnen auf Straßenaufbruch, zusammengefasst als Baumassenabfälle. Hinzu kamen 26.700 Tonnen Baustellenabfälle. Letztere wurden zu 37 Prozent verwertet und zu 63 Prozent deponiert. Für die Baumassenabfälle zeigt sich eine ähnliche Situation: abgelagert wurden 67 Prozent und verwertet 33 Prozent.

Um künftig weniger Bauabfälle entsorgen zu müssen, sieht der Abfallwirtschaftsplan zwei Ansatzpunkte: erstens Abfälle vermeiden, zweitens die Recyclingquote für Bauschutt mit hochwertiger Verwertung fördern. Eine geringere Abfallmenge soll durch den Einsatz langlebiger und recyclingfähiger Materialien bei Neubauten sowie Sanierungsmaßnahmen im Bestand erreicht werden. Darüber hinaus sollen Bauteile wiederverwendet und Bauteilbörsen regional etabliert werden. Für eine höhere Recyclingquote will das Umweltministerium eine höhere Selektivität beim Abbruch fördern und die chancengleiche Ausschreibung von RC-Baustoffen und Primärbaustoffen prüfen. Zudem soll weniger recyclingfähiger Boden und Bauschutt in übertägigen Abbaustätten oder auf Deponien abgelagert werden. Hierzu soll ein Forschungs- und Demonstrationsvorhaben initiiert werden.

Für die kommenden Jahre geht der Abfallwirtschaftsplan davon aus, dass den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern 6,6 Millionen Tonnen pro Jahr überlassen werden. Das Aufkommen wird also steigen. Ein Großteil davon ist Bodenaushub, der in Deponien der Deponieklasse 0 abgelagert werden wird. Voraussichtlich 400.000 Kubikmeter gehen auf Deponien der Klasse I. Das vorhandene Volumen der Deponieklasse I reiche aber über den Planungszeitraum des Abfallwirtschaftsplans hinaus, so das Umweltministerium.

 

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