Kritik an Industrie

Was Bioplastik verspricht, kann es nicht halten, meint die Deutsche Umwelthilfe. Sie wirft Industrie und Handel gezielte Verbrauchertäuschung vor. Letztlich sei Biokunststoff nicht besser als fossiler Kunststoff.

„Bioplastik ist keine Lösung“


Die Deutsche Umwelthilfe war schon in der Vergangenheit nicht gut auf Bioplastik zu sprechen. Nun ist sie es offenbar noch viel weniger. Anlass ist eine Umfrage, die der Umweltverband unter Verbrauchern durchgeführt hat. Deren Ergebnisse zeigen, dass über drei Viertel der Bevölkerung Verpackungen aus Bioplastik für umweltfreundlicher halten als solche aus herkömmlichem Plastik.

„Unsere Umfrage belegt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher den Umweltlügen der Verpackungsindustrie leider viel zu häufig zum Opfer fallen“, sagt die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Der Umweltverband wirft Handel und Industrie vor, mit Aufdrucken wie „kompostierbar“, „biologisch abbaubar“ oder „aus nachwachsenden Rohstoffen“ Verbraucher gezielt in die Irre zu führen.

Die Folge dieser Beeinflussung sei, dass Bioplastik fälschlicherweise in der Biotonne entsorgt werde – immerhin geben das die Hälfte der Befragten an. Rund ein Viertel hätte keine Bedenken, es in der Umwelt liegen zu lassen.

Die Entsorgung von Bioplastik in der Biotonne sei aber aus gutem Grund verboten, erklärt Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft. Denn viele Kompostwerke könnten Bioplastik nicht richtig kompostieren und sortierten es als Störstoff aus. Die Entsorgung über den Gelben Sack sei ebenfalls keine Alternative. „Hier werden solche Verpackungen in der Regel nicht recycelt, sondern als Sortierrest verbrannt“, sagt Fischer. Sie könnten das Recycling anderer Kunststoffe sogar beeinträchtigen.

Umwelthilfe droht mit gerichtlichen Schritten

„Die vermeintliche Abbaubarkeit mag zwar unter Laborbedingungen möglich sein. Mit den Gegebenheiten in der Natur hat das aber nicht viel zu tun. Hier kann der Abbau Jahre dauern und dabei Lebewesen gefährden“, warnt Fischer. „Die skrupellose Bewerbung von sogenannten Biokunststoffen als biologisch abbaubar kann zu noch mehr Plastikmüll in der Umwelt führen und von wirklich umweltfreundlichen Mehrweglösungen ablenken.“ Deshalb sei Bioplastik keine Lösung für die wachsenden Müllberge.

Die Umwelthilfe fordert Händler und Hersteller auf, wirksame Maßnahmen zur Abfallvermeidung zu ergreifen und ressourcenschonende Mehrwegsysteme einzuführen. Insbesondere Einweg-Getränkebecher, -flaschen, -tüten oder Kaffeekapseln aus sogenanntem Biokunststoff seien komplett verzichtbar und könnten durch Mehrwegalternativen ersetzt werden.

„Die Vorsilbe ‚Bio‘ ist kein Garant für Umweltfreundlichkeit“, betont Metz. Die pflanzlichen Rohstoffe für sogenanntes Bioplastik stammten oft aus konventioneller Landwirtschaft. Für ihren Anbau kämen häufig große Mengen Pestizide und synthetische Düngemittel zum Einsatz, die Böden und Gewässern schaden. „Wir sehen nicht tatenlos zu, wie Konzerne versuchen, unökologische Wegwerfverpackungen grün zu färben“, sagt Metz. Notfalls wolle die Umwelthilfe gerichtlich dagegen vorgehen.

320°/ep

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