Kritik am Öko-Institut

Ende Juni hat das Öko-Institut erste Ergebnisse seines Fahrplans für die selbst ausgerufene Rohstoffwende 2049 veröffentlicht. Nun folgt die kritische Reaktion. Der Denkansatz des Öko-Instituts sei simpel und undurchführbar, heißt es. Sowohl was die Erhebung einer Primärbaustoffsteuer betrifft als auch die Zielsetzung, mehr Recyclingmaterial einzusetzen.

„Ein Aufwärmen widerlegter Argumente“


Im Juni 2016 hat das Öko-Institut erste Ergebnisse seines Fahrplans für eine „Rohstoffwende Deutschland 2049“ veröffentlicht. Eine der Forderungen ist es, den Verbrauch von Kies zu reduzieren und den Einsatz von recyceltem Baumaterial zu steigern. Dazu schlägt das Öko-Institut vor, eine Primärbaustoffsteuer einzuführen. Sie soll Anreize schaffen, die Primärrohstoffvorkommen an Kies zu schonen und den Einsatz von Recyclingbaustoffen zu fördern.

Nach Auffassung des Bundesverbands Mineralische Rohstoffe (MIRO) ist dieser Denkansatz „ebenso simpel wie undurchführbar“. Denn bei der Argumentation des Öko-Instituts bleibe unter anderem die entscheidende Frage unbeantwortet, welche Lenkungswirkung eine Primärbaustoffsteuer im Sinne des Einsatzes von Sekundärbaustoffen tatsächlich entfalten soll. Schließlich würden heute bereits etwa 90 Prozent der mineralischen Bauschutt- und Abbruchmassen aufbereitet und wiederverwertet.

„Erfahrungsgemäß können aus den noch übrigen 10 Prozent der meist minderwertigen und zum Teil wegen diverser Belastungen zu entsorgenden Materialien keine nennenswerten Mengen an Sekundärbaustoffen mehr gewonnen werden“, so der MIRO. Hinzu komme, dass der Bericht des Öko-Instituts längere Lebenszyklen von Bauwerken fordere. Doch das vertrage sich nicht der Forderung, mehr Baustoffe zu recyceln. „Stehen die Gebäude länger, fällt auch weniger mineralischer Bauschutt an, aus dem sich Recyclingkörnungen herstellen lassen“, stellt der Verband klar.


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Der MIRO beruft in seiner Argumentation auf das deutsche Ressourceneffizienzprogramm „ProgRess I“ des Bundesumweltministeriums. Darin wurde bereits 2012 bilanziert, dass mineralische Primärbaurohstoffe auch bei größten Anstrengungen lediglich zu rund 12 Prozent durch Recyclingmaterial substituiert werden können. „Eine wesentliche Steigerung ist nach dieser Quelle in naher Zukunft nicht möglich, da das absehbare Aufkommen an Abbruchmassen die gebotenen Möglichkeiten limitiert“, betont der Verband. „Ganz zu schweigen von bautechnischen und bauhygienischen Aspekten, die der Verwendung größerer Anteile der mineralischen Bauschutt- und Abbruchmassen entgegenstehen.“

Insofern seien aktuell die Betonrestmassen, die zum Ersatz von natürlichen Rohstoffen verwendet werden sollen, nicht erkennbar, da diese bereits jetzt für andere Bauaufgaben verwendet werden. „Am Ende sind das wesentliche, aber dennoch nur wenige von vielen Fragen, die der Bericht nicht praxisgerecht beantwortet“, kritisiert der MIRO.

„Die Bundesregierung hat in ihrem nationalen Ressourceneffizienzprogrammen ProgRess I und II aus gut nachvollziehbaren Gründen den Einsatz von Rohstoffsteuern als nicht zielführend erkannt und daher diesen Ansatz nicht weiter verfolgt“ erklärt MIRO-Geschäftsführer Christian Haeser. „Dies sollte von den Forschungsnehmern und Instituten endlich zur Kenntnis genommen werden. Steuern dieser Art entfalten keine Lenkungswirkung, sie verteuern aber das Bauen.“

Da letztlich die öffentliche Hand mehr als 50 Prozent und je nach Betrachtungsweise sogar bis zu 80 Prozent der Verwendung mineralischer Baustoffe über öffentliche Aufträge verantwortet, würde sie das erhobene Steuergeld über die zu zahlende Rohstoffsteuer auch direkt wieder ausgeben. Am Ende wären vor allem private Auftraggeber bis hin zum Eigenheimbauer die Dummen, so Haeser, denn sie müssten die Kosten für teurere Baumaterialien aus der eigenen Kasse berappen.

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