Fahrverbot auf der Autobahn

In deutschen Städten gibt es immer mehr Fahrverbote für alte Diesel. Vor allem das Fahrverbot für die A40 sorgt für Kritik. Auch die Polizeigewerkschaften haben Bedenken.

„Ein verheerendes Signal“


Die gerichtlich angeordneten Dieselfahrverbote geraten zunehmend in die Kritik. Die Einschränkungen für wichtige Teile der Autobahn 40 im Ruhrgebiet seien ein „verheerendes Signal“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag). „Das ist bisher weltweit ohne Beispiel.“

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte vergangene Woche unter anderem eine Fahrverbotszone für Essen angeordnet, zu der auch die stark befahrene Autobahn 40 gehört. Für die Anwohner bedeute das Urteil „eine Verschlimmbesserung“, sagte Landsberg. Durch den Umgehungsverkehr gebe es endlose Staus, die zu noch größeren Umweltbelastungen führten.

Überwachung von Autofahrern

Das Land Nordrhein-Westfalen hat bereits angekündigt, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Bedenken gibt es auch seitens der Polizeigewerkschaften: Sie halten die Fahrverbotszonen für schwer kontrollierbar. Zugleich warnen Oppositionspolitiker den Bund davor, das Verbot mithilfe einer ständigen Videoüberwachung des Verkehrs durchzusetzen.

„Anstatt die Konzernbosse zur Verantwortung zu ziehen und eine Politik für das Allgemeinwohl zu machen, wird Symbolpolitik betrieben und nebenbei der Überwachungsstaat ausgebaut“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken-Bundestagsfraktion, Jan Korte, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). FDP-Chef Christian Lindner warnte vor einer „Totalüberwachung“ von Autofahrern.

Hintergrund der Bedenken ist die Ankündigung der großen Koalition, die Einhaltung des Fahrverbots überwachen zu lassen. „Für den Fall, dass Länder oder Kommunen Fahrverbote anordnen sollten, wird der Bund sicherstellen, dass die Verkehrsüberwachungsbehörden auf die Daten des zentralen Fahrzeugregisters zugreifen können“, stellte das Bundesverkehrsministerium unlängst klar. Anhand des Kennzeichens könne die Polizei „stichprobenartig“ überprüfen, ob der Wagen fahren dürfe.

Merkel setzt auf Elektromobilität

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich derweil zuversichtlich, dass es gelingen könne, Fahrverbote in den meisten Fällen zu verhindern. Luftreinhaltepläne müssten Chefsache in den Rathäusern werden, sagte die CDU-Politikerin in Koblenz. Sie rief zur Einrichtung von mehr Ladestationen für Elektroautos etwa bei Parkhäusern, Restaurants und Unternehmen auf. Gäbe es genug Stationen, könnten sich mehr Bürger für den Kauf eines Elektroautos entscheiden und letztlich so auch deren Preise senken.

Als Mittel zur Abwendung weiterer Fahrverbotszonen gilt auch eine Hardware-Nachrüstung älterer Diesel, also Umbauten am Motor. Hier sieht Bundesumweltministerin Svenja Schulze Fortschritte. „Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, denn die betroffenen Dieselfahrer wollen wissen, wie ihr Ausweg aus der Dieselkrise aussieht“, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Daimler und Volkswagen wollen sich nach Berichten des Spiegel und des Bayerischen Rundfunks am 29. November mit Anbietern von Nachrüst-Technik treffen. Demnach will Daimler den Zulieferern alle Informationen zur Verfügung stellen, die für die Entwicklung geeigneter Anlagen notwendig sind. Nachgerüstete ältere Diesel sollen künftig von den Fahrverboten ausgenommen sein, die in vielen Städten die Stickoxid-Belastung der Luft senken sollen.

VW-Chef Herbert Diess forderte in der Bild am Sonntag von der Politik eine positivere Haltung gegenüber der Autoindustrie. „Leider kann sich zurzeit anscheinend kaum jemand in der deutschen Parteienlandschaft eine positive Perspektive für das Auto vorstellen“, sagte der Automanager. Man habe sich viel zu lange mit Diesel-Gipfeln aufgehalten. Zudem fehle es bei Elektroautos immer noch an der nötigen Infrastruktur. Stromnetze müssten aufgewertet sowie Vorgaben im Bau- und Mietrecht gemacht werden.

 

© 320°/dpa | 19.11.2018

Mehr zum Thema
EU-Parlament stimmt Verpackungsverordnung zu
Freiburg bereitet Einführung einer Verpackungssteuer vor
EU-Parlament stimmt Ökodesign-Verordnung zu
Kreislaufwirtschaft: Deutschland und China vereinbaren Aktionsplan