Batteriezellen-Fertigung

Der Trend zur Elektromobilität mischt den europäischen Markt für Autobatterien auf. Immer mehr Akteure wollen in die Produktion von Batteriezellen oder Batteriematerialien einsteigen. Die Zahl der Abnehmer für recycelte Batteriematerialien könnte somit deutlich steigen.

Europa steht unter Strom


Was der Verbrennungsmotor im vorigen Jahrhundert war, wird die Batterie im 21. Jahrhundert sein: Die automobile Antriebstechnologie schlechthin. Bislang teilen vor allem asiatische Hersteller den Markt unter sich auf. Aus Asien kommen rund 90 Prozent der in Europa verwendeten Batterien für Elektroautos.

Doch Europa hat sich vorgenommen, die Abhängigkeit von asiatischen Herzustellen zu reduzieren. Bereits im vergangenen Jahr hat die EU-Kommission die Initialzündung für eine Europäische Batterie-Allianz gegeben. Mittlerweile beteiligen sich 260 Firmen an der EU-Allianz.

„Wir wollen nicht nur auf unserem eigenen Markt wettbewerbsfähig sein, sondern weltweit“, bekräftigt EU-Energie-Kommissar Maroš Šefčovič. Dazu will die EU Milliarden Euro an Förderungen für die Ansiedlung von Batteriewerken aufbieten – über Forschungsgelder, aber auch regionale Fonds und Kredite der europäischen Investmentbank EIB.

Altmaier verspricht Deutschland eine eigene Fabrik

Erst vor Kurzem hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine eigene Batteriezellen-Fertigung in Europa geworben. Deutschland soll im Wettbewerb nicht abgehängt werden, deshalb drückt die Bundesregierung aufs Tempo.

„Wir werden eine Batteriezellen-Produktion in Deutschland eröffnen“, versprach Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im September. Wo genau die geplante Fabrik entstehen soll, sagte der CDU-Politiker zwar nicht. „Aber wir sind in den Vorbereitungen.“ Bei einem Treffen in Berlin im November solle das Projekt vorangebracht werden.

Davon abgesehen befinden sich bereits etliche fertigungstechnische Projekte in der Pipeline. Nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Gerade in jüngster Zeit sind einige Projekte zur Herstellung von Batteriematerialien bekannt geworden:

  • Im Juni hat der belgische Materialtechnologie- und Recyclingkonzern Umicore eine Investition in die Herstellung von Kathodenmaterialien angekündigt. Die Produktionsstätte soll dem Vernehmen nach im polnischen Nysa angesiedelt werden. Die Anlage soll Ende 2020 in Betrieb gehen.
  • Der Chemiekonzern BASF will seine Produktionskapazitäten für Batteriematerialien ausweiten. BASF baut dazu eine Anlage im finnischen Harjavalta, in direkter Nachbarschaft zur Raffinerie des russischen Bergbaukonzerns Nornickel. BASF und Nornickel haben einen langfristigen Liefervertrag für Nickel und Kobalt geschlossen, wie die Unternehmen mitgeteilt haben. Die Produktion solle Ende 2020 anlaufen und etwa 300.000 E-Fahrzeuge mit Batteriematerialien versorgen können, heißt es. Die Investition ist Teil eines mehrstufigen Plans in Höhe von 400 Millionen Euro. Der Chemiekonzern prüft zudem weitere Standorte in Europa für Produktionsanlagen von Batteriematerialien.
  • Das deutsche Chemieunternehmen Solvay arbeitet derzeit an der Entwicklung modernster Elektrolyten sowie von Bindern und Separatoren für Elektroden, wie sie für hocheffiziente Batterien benötigt werden. Das Unternehmen erwägt den Bau einer Anlage in Europa.

Zahlreiche Vorhaben für Batteriezellproduktion

Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche Projekte zur Herstellung von Batteriezellen. So soll auch Volkswagen den Einstieg in die Batteriezellproduktion für Elektroautos prüfen. Dazu sollen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur mehrere Partner in Frage kommen. Der Autoriese selbst hält sich aber bedeckt und will „Spekulationen nicht kommentieren“.

Das Konsortium TerraE plant ebenfalls den Bau einer Zellfabrik in Deutschland. Etwa vier Milliarden Euro will TerraE in den Bau investieren. Dieser soll schrittweise erfolgen, bis 2028 soll die Fabrik komplett stehen. Ende 2019 soll die erste Produktion anlaufen. Anvisiert wird eine Jahreskapazität von 34 GWh bis 2028 – das würde Batterien für 680.000 Elektroautos entsprechen. Im TerraE-Konsortium haben sich mehrere Firmen aus der deutschen Batteriebranche zusammengetan.

Hinzu kommen aber noch weitere Projekte:

  • Der französische Batterie- und Akkumulatorenhersteller Saft hat im Februar 2018 die Bildung eines Konsortiums angekündigt. Mit an Bord sollen unter anderem Solvay und Umicore sein. Ziel ist es, Batteriezellen zu entwickeln und herzustellen – zunächst mit fortgeschrittener Lithium-Ionen-Technik, später mit Feststoff-Lithium-Ionen-Akkus.
  • In Schweden haben die Bauarbeiten für eine Demonstrationsfertigungsstraße schon begonnen. Die Leitung dieses Projekts liegt beim schwedischen Unternehmen Northvolt. Finanziert wird es laut EU-Kommission mit einem EIB-Darlehen in Höhe von 52,5 Millionen Euro. Die Produktion soll im zweiten Halbjahr 2019 anlaufen.
  • Northvolt hat zudem die Genehmigung für den Bau einer größeren Anlage im schwedischen Skellefteå. Ziel ist es, die Produktion bis 2023 auf bis zu 32 GWh zu erhöhen; damit könnten Batterien für bis zu 400.000 Elektroautos pro Jahr hergestellt werden. In dieses Projekt ist der deutsche Siemens-Konzern eingestiegen. Das Investment wird auf 10 Millionen Euro beziffert.
  • Unternehmen aus Asien sind ebenfalls auf dem Vormarsch. Dazu gehört der südkoreanische Elektronikhersteller LG Chem, der rund 320 Millionen Euro in den Bau einer Batteriefabrik im polnischen Breslau steckt. Das Werk soll noch in diesem Jahr den Betrieb aufnehmen. Auf einer Fläche von 41.000 Quadratmetern will LG über 100.000 Elektroauto-Batterien pro Jahr produzieren.
  • Samsung SDI hat seine Batteriefabrik im ungarischen Göd bereits 2017 fertiggestellt. Mit der Produktion hat die Batterie-Tochter des südkoreanischen IT-Riesen Samsung allerdings erst im zweiten Quartal dieses Jahres begonnen. Insgesamt hat Samsung SDI rund 300.000 Millionen Euro in das Werk investiert. Die jährliche Produktionsmenge soll bei 50.000 Batterien für Elektroautos liegen.
  • Ungarn ist auch der europäische Batterie-Standort für den südkoreanischen Mischkonzern SK Innovations. Laut Medienberichten steckt das Unternehmen 650 Millionen Euro in die Fabrik im nordungarischen Komarom. Baubeginn war im März dieses Jahres. Die Produktion von Lithium-Ionen-Zellen soll die Fabrik Anfang 2020 aufnehmen.
  • Der chinesische CATL-Konzern baut seit Juni dieses Jahres an einer automatisierten Batteriezellen-Fabrik in Thüringen. CATL will bis 2022 rund 240 Millionen Euro in das Werk bei Erfurt investieren. Die Kapazität wird bei 14 Gigawattstunden liegen. Den ersten Kunden hat das neue Werk schon: Der Autobauer BMW hat bereits einen Milliarden-Auftrag an die Chinesen vergeben.

Ein paar Schritte weiter als alle anderen ist der süddeutsche Autobauer Mercedes-Benz. Seit 2012 stellt die Daimler-Tochter Deutsche Accumotive im sächsischen Kamenz Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Batterien für Pkw und Nutzfahrzeuge sowie Antriebsbatterien für den Smart EQ ForTwo und ForFour her. Daimler investiert derzeit rund 500 Millionen Euro in den Bau einer zweiten Batteriefabrik in Kamenz. Flankierend will der Konzern weitere Batterieproduktionen in Europa, Asien und Nordamerika aufbauen, wie es in einer Mitteilung der Schwaben heißt.

Audi und BMW arbeiten mit Umicore zusammen

All diese Projekte könnten durchaus potenzielle Abnehmer von recycelten Batteriematerialien werden. Denn allein hinsichtlich Versorgungssicherheit und kürzeren Wegen könnten Recyclingmaterialien einen wichtigen Beitrag leisten.

Das hat in der Zwischenzeit auch Audi erkannt. Der Autobauer hat sich vor ein paar Monaten mit Umicore zusammengetan. Die beiden Partner wollen einen geschlossenen Kreislauf für Bestandteile von Hochvoltbatterien entwickeln. Besonders wertvolle Materialien sollen von einer Rohstoffbank abrufbar sein.

Die erste Phase sei nun abgeschlossen, wie Audi in der vergangenen Woche bekannt gab. Teil der durchgeführten Forschungen war die Bestimmung der möglichen Recyclingquoten für Batteriebestandteile wie Cobalt, Nickel und Kupfer. Das Ergebnis: Mehr als 95 Prozent dieser Elemente hätten sich im Labortest wiedergewinnen und neu einsetzen lassen.

Im nächsten Schritt wollen Audi und Umicore konkrete Recyclingkonzepte entwickeln. Im Mittelpunkt soll dabei der Closed-Loop-Ansatz stehen. Diesen Ansatz wollen die Ingolstädter auch auf die Hochvoltbatterien im neuen Elektroauto Audi e-tron anwenden.

Auch BMW hat sich Umicore an Bord eines Cloosed-Loop-Projekts geholt. Als dritter im Bunde mischt Northvolt mit. Die Zusammenarbeit umfasst alle Bereiche, teilen die Unternehmen mit: Von der Entwicklung eines recycelbaren Zelldesign und dem Herstellungsprozess über die verschiedenen Nutzungsphasen bis hin zum Recycling der Batteriezelle und der Wiederverwendung der Rohstoffe.

 

© 320° | 31.10.2018

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