Nach der Diesel-Einigung

Die Umtauschprämien und Umrüstungen älterer Dieselautos könnten auf eine starke Nachfrage treffen, meint ein Branchenexperte. Die Zahl der Fahrzeuge könnte im Millionen-Bereich liegen. Je nach Alter der Fahrzeuge könnten somit auch die Altautoverwerter profitieren.

Experte erwartet starke Nachfrage nach Umtauschprämien


Umtauschprämien und Umrüstungen älterer Dieselautos könnten die deutschen Autohersteller nach ersten Schätzungen einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten. Der Branchenexperte Stefan Bratzel rechnete am Dienstag mit etwa 2,5 Millionen Fahrzeugen, die umgetauscht und nachgerüstet werden können. Wenn der Wertverlust der alten Diesel bei der Inzahlungnahme zusätzlich ausgeglichen werde, „ist von einer hohen Nachfrage der berechtigten Teilnehmer in den Regionen auszugehen“, betonte Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach.

Für die Auto-Hersteller würden sich damit die Kosten auf 6 bis 12,5 Milliarden Euro, rechnete der Experte vor. Allerdings profitierten sie teilweise auch vom Neuverkauf von Fahrzeugen.

Bereits nach dem Dieselgipfel 2017 hatten die deutschen Hersteller Prämien von bis zu 10.000 Euro aufgelegt. Diese nahmen jedoch nur mehr als 200.000 Kunden in Anspruch, wie es im Juli hieß. Profitiert haben davon auch die Altautoverwerter. Wie viele der alten Diesel-Pkw am Ende bei Autoverwertern in Deutschland angekommen sind, lässt sich zwar nicht beziffern. In jedem Fall aber würden die Verwerter eine „deutliche Erhöhung des Zulaufs“ registrieren, erklärte Siegfried Kohl, Vorsitzender der Fachgruppe Autorückmontage im Stahlrecyclingverband BDSV, im Juli. Die Umweltprämie habe sich somit positiv für die Altautoverwerter ausgewirkt.

BMW zahlt bis zu 6.000 Euro

Wie inzwischen bekannt wurde, wird BMW aktuell eine Prämie von bis zu 6.000 Euro anbieten. Hardware-Nachrüstungen auf Unternehmenskosten lehnt der Hersteller jedoch ab. BMW-Fahrer in Regionen mit hoher Stickoxid-Belastung bekämen bis zu 6.000 Euro, wenn sie ihren Euro-4- oder Euro-5-Diesel durch ein Neufahrzeug ersetzten, sagte ein BMW-Sprecher am Dienstag in München. Beim Kauf eines jungen Gebrauchten oder eines Vorführwagens zahle der Konzern 4.500 Euro Umtauschprämie.

Das Angebot gelte rückwirkend ab Montag. Der alte Diesel müsse mindestens ein Jahr auf den Halter zugelassen sein, der die Umtauschprämie bekommen will. „Wir konzentrieren uns auf die Flottenerneuerung, weil sie schnell Verbesserungen bringt“, sagte der Sprecher. Die von der Koalition in Berlin ebenfalls vorgeschlagene Nachrüstung alter Dieselautos mit weiteren Abgas-Filtern dauere dagegen zu lange. Sie könne Gewicht, Leistung, Verbrauch und CO2-Ausstoß des Autos verschlechtern. Dazu kämen noch Gewährleistungsfragen.

Eine Umtauschprämie von 2.000 Euro biete BMW weiterhin flächendeckend an – die höheren Prämien beschränkten sich auf die von der Koalition benannten 14 Regionen mit hohen Stickoxid-Werten. Zudem verringere BMW den Schadstoff-Ausstoß vieler Fahrzeuge durch freiwillige Software-Updates und habe im Mai 45 Millionen Euro in den vom Dieselgipfel geschaffenen Fonds eingezahlt, sagte der Sprecher.

5.000 Euro von VW

Aus dem VW-Konzern heißt es, dass Volkswagen den Dieselbesitzern so schnell wie möglich Umtauschprämien anbieten will. Die geplanten Prämien der Volumenmarken des Konzerns sollten im Schnitt bei etwa 4.000 Euro für Diesel der Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4 liegen – und bei 5.000 Euro für Euro-5-Diesel, teilte Volkswagen am Dienstag in Wolfsburg mit.

Die Umtauschprämien seien abhängig vom Modell des Kunden. In den laut Bundesregierung 14 besonders betroffenen Städten mit hohen Grenzwertüberschreitungen bei der Luftbelastung will VW fast eine Million Autobesitzer erreichen. Der Volkswagen-Konzern sei weiter bereit, einen Beitrag zu leisten, um seinen Kunden uneingeschränkte Mobilität zu sichern und Fahrverbote in besonders belasteten Städten zu vermeiden, sagte Konzernchef Herbert Diess.

10.000 Euro von Daimler

Daimler will Dieselbesitzern beim Kauf eines neuen Mercedes-Benz-Fahrzeugs sogar bis zu 10.000 Euro Umtauschprämie zahlen. Die Erneuerung des Fahrzeugbestands sei das effektivste Mittel, um die Luftqualität in den Innenstädten schnell weiter zu verbessern und gleichzeitig die individuelle Mobilität der Autofahrer zu sichern, teilt der Konzern mit. Man werde sich aber auch an Hardware-Nachrüstungen beteiligen – wie genau das aussehen wird, stand allerdings noch nicht fest.

Die Umtauschprämie, deren genaue Höhe vom Fahrzeugtyp abhängen soll, gibt es in den 14 von der Bundesregierung benannten besonders betroffenen Regionen mit hohen Grenzwertüberschreitungen. Wer einen gebrauchten Mercedes kauft, soll bis zu 5.000 Euro Prämie erhalten.

Für ganz Deutschland gelte weiterhin die bereits laufende Umtauschaktion, bei der Besitzer von Dieseln mit der Abgasnorm Euro 4 oder schlechter 2.000 Euro bekommen. Anders als die neue Prämie gilt diese nicht für Euro-5-Fahrzeuge.

 

© 320°/dpa | 02.10.2018

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