Reaktion auf Uni Wien

Dass Mikroplastik in menschlichen Stuhlproben zu finden ist, überrascht Wissenschaftler nicht. Es gebe verschiedene Wege, die Partikel aufzunehmen, erklären sie. Neue Studien sollen weitere Erkenntnisse liefern.

Mikroplastik im menschlichen Körper: Das war zu erwarten


Nach den Funden von Mikroplastik in menschlichen Stuhlproben ist unklar, ob die Aufnahme von Kunststoffpartikeln gesundheitsschädlich ist oder nicht. Für eine entsprechende Beurteilung lägen dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) keine belastbaren Daten vor, teilte das Institut am Dienstag mit. Dass österreichische Forscher in menschlichen Stuhlproben Mikroplastik gefunden haben, sei aber nicht überraschend.

„Die Aufnahme von Mikroplastik in den Magendarmtrakt und damit der Nachweis im Kot ist erwartbar, da etwa Zahnpasta mit Mikroplastik auch versehentlich verschluckt werden kann oder Lebensmittel solche Teilchen als Kontaminanten enthalten können“, teilte das BfR der Deutschen Presse-Agentur mit. Ein direktes gesundheitliches Risiko durch Mikroplastik in Peelings oder Duschgelen ist laut BfR derweil unwahrscheinlich. Bei dieser Partikelgröße sei eine Aufnahme über die gesunde und intakte Haut nicht zu erwarten. Allerdings gelangen die Partikel in die Umwelt.

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck forderte anlässlich der Funde von Mikroplastik in Stuhlproben eine drastische Reduzierung des Plastikkonsums. Ein erster dringender Schritt sei ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und Pflegeprodukten, sagte Habeck den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Keiner braucht Mikroplastik in der Zahnpasta.“

Die Europäische Union solle zudem eine Plastiksteuer auf Wegwerfprodukte einführen, forderte er. Außerdem sollten ab 2030 alle in der EU in den Verkehr gebrachten Kunststoffprodukte wiederverwendbar oder komplett abbaubar sein oder kosteneffizient recycelt werden können, damit weniger in die Umwelt gelange.

Weitere Studien

Forscher aus Österreich hatten bei einer Pilotstudie erstmals Mikroplastik in Stuhlproben von Menschen nachgewiesen. Die Kunststoffpartikel wurden in den Proben von allen acht Studienteilnehmern gefunden, wie die Medizinische Universität Wien und das österreichische Umweltbundesamt mitteilten.

Die Probanden im Alter zwischen 33 und 65 Jahren, die in Europa und Asien leben und sich nicht kennen, führten eine Woche lang ein Ernährungstagebuch und gaben anschließend die Stuhlprobe ab. Alle Teilnehmer nahmen in dieser Zeit in Plastik verpackte Lebensmittel oder Getränke aus PET-Flaschen zu sich. Die Mehrzahl von ihnen aß auch Fisch oder Meeresfrüchte, niemand ernährte sich ausschließlich vegetarisch.

Die Forscher fanden bei ihren Untersuchungen anschließend neun verschiedene Kunststoffarten, die bis zu einem halben Millimeter groß waren. Im Durchschnitt fanden die Forscher 20 Mikroplastik-Teilchen pro 10 Gramm Stuhl. Am häufigsten fanden sich Polypropylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET) in den Proben. Ein Zusammenhang zwischen dem Ernährungsverhalten und einer Belastung mit Mikroplastik konnten die Wissenschaftler aufgrund der kleinen Probandengruppe nicht herstellen.

Mikroplastik gelangt unter anderem durch Autoreifen-Abrieb, Zerkleinerung von Bauschutt oder Kosmetika in die Umwelt, vielfach vor allem in Gewässer. Mikroplastik kann von Kläranlagen zudem nicht vollständig zurückgehalten werden.

In einer im August veröffentlichten Umfrage hat das BfR herausgefunden, dass 56 Prozent der Befragten besorgt über Mikroplastik in Lebensmitteln ist – ein Anstieg um 11 Prozent innerhalb von einem halben Jahr. „Das BfR führt derzeit Studien zur Aufnahme von Mikroplastikpartikeln über den Darm und den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen durch“, erklärte BfR-Präsident Andreas Hensel dazu. Das Institut nehme die Sorgen von Verbrauchern ernst.

 

© 320°/dpa | 23.10.2018

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