Internationale Metallschrottmärkte

Erst die Griechenlandkrise, dann der Börsenkollaps und nun auch noch das Sommerloch: Für den internationalen Metallschrotthandel sind die Rahmenbedingungen alles andere als günstig. Besonders China bereitet Sorgen.

Zu viele Krisen auf einmal


Der nach wie vor unsichere Ausgang der Griechenland-Krise und das Auf und Ab an Chinas Börsen setzen die Metallschrottmärkte zunehmend unter Druck. Vor allem nach dem jüngsten Einbruch der chinesischen Aktienmärkte zu Wochenbeginn haben sich die Sorgen um das künftige Wirtschaftswachstum in der Volksrepublik erneut verstärkt. War das Land von 2000 bis 2010 der Hoffnungsträger der Weltwirtschaft schlechthin, scheint es jetzt zu einem Risiko zu werden – auch für die internationalen Rohstoff- und Sekundärrohstoffmärkte.

statistic_id242546_kupfer-und-kupferlegierungen---verbrauch-in-europa-china-japan-und-den-usa-2013Über die weitere ökonomische Entwicklung Chinas zeigt sich auch David Chiao, Präsident der NE-Metall-Fachsparte des Weltrecyclingverbands BIR, besorgt: „Alle Indikatoren weisen darauf hin, dass die chinesische Wirtschaft geschrumpft ist – und es gibt keine andere Volkswirtschaft, die Chinas Nachfrage ersetzen kann.“ Darüber hinaus mache sich auch die Sommerpause in großen Teilen der Welt bemerkbar, mit einer saisonal bedingten schwächeren Nachfrage und Angebot. „Es scheint, als ob wir noch einen steinigen Weg vor uns haben“, schreibt Chiao in der Juli-Ausgabe des „ BIR World Mirror for Non-Ferrous Metals.“

Die Folgen der wirtschaftlichen Krisen sind auch auf dem indischen Subkontinent spürbar. „Die starken Kursausschläge an den Börsen, die Währungsschwankungen, die hohe Volatilität in anderen Staaten und der Abwärtstrend auf den Metallmärkten – all das macht das Geschäft schwieriger“, kommentiert der Senior Vice-President der BIR-NE-Metall-Sparte Dhawal Shah die aktuelle Lage in Indien.

Hinzu kommen die Auswirkungen der neuen Regelungen der indischen Regierung für den Import von Metallschrotten. Wenige Wochen nach Inkrafttreten der neuen Anforderungen an die Pre-Shipment Inspektion herrscht bei den meisten Importeuren und Exporteuren und auch bei den zugelassenen PSI-Agenturen noch Unsicherheit. „Als Folge der bestehenden Unklarheiten hat sich die Geschäftstätigkeit bei vielen indischen Importeuren verlangsamt“, sagt Shah. Der NE-Metall-Experte ist aber optimistisch, dass die Geschäfte in den kommenden Wochen wieder anziehen werden – sobald das neue System unter allen Beteiligten besser abgestimmt und synchronisiert ist.

Mehr Autoverkäufe in UK

Die Entwicklungen in Indien, China und Griechenland umtreiben auch die britischen Metallhändler. Trotz der derzeit relativ stabilen Preise verfolgen sie diese drei Problemfelder mit Skepsis, wie Nick Rose von Tandom Metallugical im BIR-Mirror erklärt. Allerdings weiß er auch Positives zu berichten: „Die Autoverkäufe in Großbritannien haben im Juni um 12,9 Prozent zugelegt – das ist das höchste Niveau seit fünf Jahren“, sagt Rose. Der Inlandsverkauf von Aluminiumlegierungen bewege sich auf hohem Niveau. Nur der Verkauf auf dem europäischen Festland falle aufgrund der Sommerpause etwas schwächer aus.

statistic_id14542_wachstum-des-bruttoinlandsprodukts--bip--in-italien-bis-2015In Italien macht sich die Sommerpause ebenfalls bemerkbar, aber auch dort gibt es positive Zeichen. „Die Bauindustrie hat einen großen Bedarf an Aluminium“, berichtet Leopoldo Clemente von LCD Trading. Zugleich herrsche eine Schrottknappheit, was die Preisdynamik bei Ingots strukturell beeinflusse. Aus Clements Sicht ist aktuell vor allem die Einigung im Atomstreit mit Iran zu begrüßen. „Das Atomabkommen von Lausanne macht den Weg frei für neue Synergien zwischen Italien und dem wichtigen und vitalen iranischen Markt.“

Iran sei früher bereits einer der wichtigsten Handelspartner Italiens gewesen, betont Clement. Das Land verfüge über die weltweit größten Zink-Reserven und zweitgrößten Kupfer-Reserven. Hinzu kämen noch etliche andere Metallvorkommen wie Gold, Mangan, Magnesium oder auch Blei. „Zudem darf nicht vergessen werden, dass Iran seine jährliche Aluminiumproduktion bis 2025 auf 1,5 Millionen Tonnen erhöhen will. Damit könnte das Land unter die Top Ten der Produzenten aufsteigen.“ Auch das könnte italienischen Unternehmen konkrete Chancen bieten.

Russland stuft Schrotte als strategisch wichtig ein

Abseits aller Krisen, Börsencrashs und Atomabkommen wartet die NE-Metall-Industrie in Russland noch immer auf die versprochene Senkung der Einfuhrabgaben. Diese sollten eigentlich um 2,5 bis 10 Prozent sinken – so hatte es das Land vor vier Jahren mit der Welthandelsorganisation WTO vereinbart. Zudem sollten die behördlichen Hürden für Exporte abgebaut werden.

„Das alles gibt es bisher nur auf dem Papier“, kritisiert Ildar Neverov von Steelway Limited. Warum das so ist, weiß er auch. „Die russische Regierung hat eine Liste für bestimmte Rohstoffe erstellt, die für die russische Wirtschaft strategisch wichtig sind. Auf dieser Liste stehen auch alle Arten von Schrott“, sagt er. „Sollte es also nötig sein, können Schrottexporte leicht eingeschränkt werden.“

Somit dürfte Russland also auch in Zukunft als Handelspartner ausscheiden. Dabei ist die Wirtschaft in Russland schon schwer von den Sanktionen der westlichen Welt gekennzeichnet. Für dieses Jahr rechnet die Regierung mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 3 Prozent. Bislang ging die Regierung von einem Minus in Höhe von 0,8 Prozent aus. Zumindest in Russland ist ein Ende der Krise nicht in Sicht.

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