Interview

Die Diskussion über die Überlassungspflicht für stoffgleiche Nichtverpackungen flammt wieder auf. Wem gehören die Stoffe, wenn diese über eine freiwillig vereinbarte Wertstofftonne gesammelt werden? Eine Antwort hat jüngst das Bundesumweltministerium gegeben, wie BDSV-Hauptgeschäftsführer Rainer Cosson im Interview erläutert.

„Dann könnte die gewerbliche Sammlung verboten werden“


Dr. Rainer Cosson ist seit Herbst 2009 Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen (BDSV). Der Verband vertritt die Interessen von rund 550 Betrieben, die im Bereich Stahlrecycling und in weiteren Entsorgungssparten tätig sind. Die BDSV ist damit der größte Stahlrecycling-Verband in Europa.

Herr Cosson, in jüngster Zeit rumort es wieder bezüglich des Referentenentwurfs für das Verpackungsgesetz. Angeblich vertritt das Bundesumweltministerium die Auffassung, dass stoffgleiche Nichtverpackungen bei Vereinbarung einer freiwilligen Wertstofftonne der Überlassungspflicht zu unterwerfen sind. Was ist dran an den Befürchtungen der Privatwirtschaft?

BDSV
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Die Befürchtungen der privaten Entsorgungswirtschaft sind leider durchaus berechtigt, wie die Ausführungen eines Vertreters des Bundesumweltministeriums bei den Berliner Abfallrechtstagen vergangene Woche in Berlin belegen. Demnach geht das Bundesumweltministerium davon aus, dass bei eingeführter freiwilliger Wertstofftonne eine öffentlich-rechtliche Überlassungspflicht für die stoffgleichen Nichtverpackungen anzunehmen ist. Bislang hatten wir mangels besonderer Regelungen im Entwurf für das Verpackungsgesetz darauf vertraut, dass keine Überlassungspflicht besteht.

Auf welchem Passus im Entwurf für das Verpackungsgesetz fußt diese Einschätzung?

Dazu gibt es keinen entsprechenden Passus. Der BMUB-Vertreter erwiderte auf meine Nachfrage, dass die Überlassungspflicht nicht aus den Regelungen des Verpackungsgesetz-Entwurfes, sondern aus den allgemeinen Grundsätzen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes resultiert. Denn gemäß Paragraf 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG gibt es für Altmetall aus privaten Haushaltungen eine öffentlich-rechtliche Überlassungspflicht gegenüber dem örE.

Aber es gibt auch den Zusatz im Kreislaufwirtschaftsgesetz, dass diese Überlassungspflicht dann nicht gilt, wenn Altmetall durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt wird.

Ja, das stimmt, aber dies gilt nur, sofern überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Die Gefahr, die wir nun sehen, ist folgende: Angenommen, die dualen Systeme und der örE vereinbaren eine freiwillige Wertstofftonne. Dann wäre denkbar, dass die freiwillige Wertstofftonne als ein eingerichtetes Rücknahmesystem gemäß Paragraf 25 deklariert wird. Unter diesen Umständen könnten Abfallbehörden und örE die Auffassung vertreten, dass den gewerblichen Sammlungen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des Paragrafen 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG entgegenstehen. Damit könnte dann die gewerbliche Sammlung verboten werden.

Das klingt so, als ob die Privatwirtschaft nicht auf Nachbesserung hoffen kann. Denn das Bundesweltministerium wird wohl keine Regelung im Verpackungsgesetz aufnehmen, die dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zuwider läuft.

Das ist in der Tat eher unwahrscheinlich. Wir hoffen deshalb auf Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums. Darüber hinaus setzen wir darauf, dass am Ende alle Materialien der Wertstofftonne gleich behandelt werden. Wenn also für Verpackungen keine Überlassungspflicht besteht, dann erwarten wir, dass auch für stoffgleiche Nichtverpackungen die Überlassungspflicht entfällt. Die Reste einer marktwirtschaftlichen Struktur in der Stahlrecyclingwirtschaft dürfen nicht noch weiter zu Gunsten der Kommunalwirtschaft wegradiert werden.

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