Gewerbliche Sammlung

Der Landkreis Böblingen darf die gewerbliche Altkleidersammlung nicht verbieten. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden. Das Urteil der Richter könnte richtungsweisend sein, wie umstrittene Regelungen des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes auszulegen sind.

Gericht bremst Landkreis aus


Der richterlichen Entscheidung liegt der Fall zugrunde, dass das Landratamt Böblingen einem Unternehmen die gewerbliche Sammlung von Altkleidern untersagt hatte. Das Landratsamt rechtfertigte die Untersagung damit, dass die gewerbliche Sammlung niedrige Abfallgebühren verhindere. Außerdem sei die gewerbliche Sammlung unzulässig, weil im Entsorgungsgebiet bereits der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Altkleider über Sammelcontainer haushaltsnah erfasse. Doch keines der Argumente hielt vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg stand.

Der VGH hält dem Landratsamt entgegen, dass eine Untersagung der gewerblichen Sammlung nur dann möglich ist, wenn die betreffende Sammlung „überwiegende öffentliche Interessen“ gefährdet. Darunter versteht der VGH, dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet ist. Eine solche Funktionsgefährdung habe das Landratsamt aber nicht dargelegt und auch nicht nachgewiesen.

Die Argumentation des Landratsamtes, dass jede gewerbliche Sammlung per se niedrige Abfallgebühren verhindere, weil durch die gewerbliche Sammlung erlösbringende Wertstoffe verloren gehen, teilt der VGH nicht. Die Richter verweisen an dieser Stelle auf europarechtliche Vorgaben. Diese verlangen nach Angaben des VGH, dass die Möglichkeit zum Wettbewerb auf dem Entsorgungsmarkt durch private Konkurrenz erhalten bleiben muss.

Auch die Auffassung des Landratsamts, die gewerbliche Sammlung sei unzulässig, weil es bereits kommunale Sammelcontainer gebe, teilt der VGH nicht. Eine solche Rechtsauffassung würde zu einem „absoluten Konkurrentenschutz“ führen, falls ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem bestehe. Jeder Wettbewerb wäre somit per se unzulässig. Ein solches Monopol für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sei nicht europarechtskonform, betonen die Richter.

Schließlich geht der VGH auch auf die Frage ein, ob es verhältnismäßig war, die gewerbliche Sammlung über eine Untersagungsverfügung zu reglementieren. Nein, lautet hier die Antwort der Richter. Die Untersagung bedeute ein vollständiges Verbot der gewerblichen Sammlung. Das stelle den intensivsten Eingriff in die Berufsfreiheit des Unternehmers dar und komme daher nur als „ultima ratio“ in Betracht. Die zuständige Behörde dürfe folglich nicht sofort zur Untersagungsverfügung greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen ausgelotet zu haben, stellt der VGH klar.

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