Versicherungsschutz für Abfallbehandlungsanlagen

Nur noch wenige Versicherer sind bereit, Recycling- und Abfallbehandlungsanlagen gegen Feuerschäden zu versichern. Zudem steigen die Prämien stark an. Allerdings kann man als Versicherungsnehmer auch etwas tun, um den Versicherungsschutz bezahlbar zu halten. Tipps dazu gibt ein Versicherungsberater.

Immer teurer, immer schwieriger


Seit einigen Jahren wird es für Unternehmen der Recycling- und Entsorgungswirtschaft immer schwieriger, sich gegen Feuerschäden versichern zu lassen. „Heute gibt es nur noch vier bis sechs Versicherer, die überhaupt in nennenswertem Umfang die Versicherung gegen dieses existenzbedrohende Risiko betreiben“, sagt Versicherungsberater Elmar Sittner. Die Folge: In den vergangenen Jahren sind nicht nur die Prämien stark angestiegen, sondern auch die Selbstbeteiligungen sind in die Höhe geschossen. Nur Betreiber von reinen Müllverbrennungsanlagen können sich freuen. „Sie haben bei der Feuerversicherung ihrer Anlagen keinerlei Probleme.“

„Anders als bei Recycling- und Abfallbehandlungsanlagen, die nach dem Prinzip der Stoffstromtrennung arbeiten, ist die Schadenhäufigkeit und Schadenhöhe bei Müllverbrennungsanlagen in den vergangenen Jahren nicht besonders auffällig gewesen“, erklärte Sittner vergangene Woche bei den Münsteraner Abfallwirtschaftstagen. Sittner betreibt in Leipzig ein Risikomanagement- und Versicherungsberatungsunternehmen. Als Folge der vermehrt auftretenden Feuerschäden und den steigenden Schadenshöhen bei anderen Anlagen der Recycling- und Entsorgungswirtschaft hätten sich seit 2009 immer mehr Versicherer aus dem Geschäft zurückgezogen, schildert er. Das wiederum habe zur Folge, dass in den vergangenen fünf, sechs Jahren die Feuerversicherungsprämine bei Recycling- und Abfallbehandlungsanlagen im Durchschnitt um rund 60 Prozent gestiegen sei.

Es ist auch nicht wirklich eine Alternative, sich abseits des deutschen Versicherungsmarktes umzuschauen. „Will man auf die internationalen Finanzmärkte, zum Beispiel nach London ausweichen, so wird man erschreckt feststellen, dass die dortigen Prämiensätze das deutsche Prämienniveau von 5 Promille noch deutlich übersteigen“, sagt Sittner. „Viele Recyclingunternehmen zahlen dort mehr als 10 Promille für ihren Feuerversicherungsschutz.“ Als Versicherungsnehmer kann man aber einiges tun, um erstens einen Versicherer zu finden und zweitens, den Versicherungsschutz bezahlbar zu halten:

  • Anlagenbetreiber sollten sich intensiv mit dem Feuerrisiko auseinandersetzen, denn heutzutage liegt ein wesentlich stärkeres Augenmerk auf dem technischen und organisatorischen Brandschutz als es früher der Fall war. „Die wenigen Versicherer, die es im Markt noch gibt, erwarten von ihren Kunden, dass sie kontinuierlich an der Verbesserung des Brandschutzes arbeiten und in den organisatorischen und technischen Brandschutz investieren.“ Dazu gehören auch regelmäßige Schulungen von Mitarbeitern, die Weiterbildung des Brandschutzbeauftragten und die regelmäßige externe Begehung der Anlage. Darüber hinaus könnte es auch hilfreich sein, regelmäßige Übungen mit der örtlichen Feuerwehr durchzuführen.
  • Brandschutzkonzepte bzw. Verbesserungsmaßnahmen sollten gemeinsam besprochen werden. Das heißt, der Brandschutzingenieur des Versicherers muss in sämtliche Verfahrensschritte und Entscheidungen einbezogen werden.
  • Atteste, Prüfungsunterlagen und Ähnliches sollten eingereicht werden, ohne dass der Versicherer diese erst anfragen muss. Diese Maßnahme ist nicht nur vertrauensbildend, Sittner empfiehlt sie nachdrücklich im Rahmen des sogenannten Obliegenheitsmanagementsystems. Denn im Schadensfall prüfe der Versicherer stets, ob gegen die vertraglichen Obliegenheiten verstoßen wurde. Darunter fallen auch Verstöße gegen Gesetze, Genehmigungsauflagen usw. „In einer solchen Situation ist es immer vorteilshaft, wenn vorher regelmäßig alle Prüfunterlagen beim Versicherer eingereicht worden sind.“
  • Der Anlagenbetreiber sollte sich darüber hinaus nicht mehr auf nur ein oder zwei Versicherungsunternehmen verlassen. „So mühsam es auch ist, es ist besser, in der Feuerversicherung relativ große Konsortien zu bilden. Wenn ein Versicherer ein solches Konsortium verlässt, hat der Betreiber nicht mehr so große Probleme, die dann fehlende Quote am Markt zu ergänzen.“
  • Strategisch günstig kann das Vereinbaren höherer Selbstbeteiligungen sein. „Heute gibt es kaum einen Versicherer, der bereit ist, sich an einem Konsortium zu beteiligen, wenn der Selbstbehalt unter 50.000 Euro liegt.“ Nach oben hin scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. Laut Sittner sind Selbstbeteiligungshöhen von 100.000 oder 250.000 Euro keine Seltenheit mehr. Der Vorteil: „Bei höheren Selbstbeteiligungen gibt es auf Versicherungsseite immer noch mehr Interessenten als bei den früher üblichen, sehr geringen Selbstbeteiligungssätzen.“

Der Versicherungsberater arbeitet derzeit mit einem Verband von Betreibern kommunaler Abfallbehandlungsanlagen an einem System, um kumuliert Selbstbehalte versichern zu können. Das heißt, dass in Einzelpolicen zwar sehr hohe Selbstbeteiligungen von 250.000 Euro vereinbart werden. Im Schadensfall aber soll die Selbstbeteiligung für den einzelne Betreiber maximal 100.000 Euro betragen. Wie dieses System funktioniert, erklärt Sittner auch: „Über eine zusätzliche, völlig selbstständige Versicherung wird sichergestellt, dass 150.000 Euro von der in der Police vereinbarten Selbstbeteiligungssumme bei einem externen Versicherer versichert sind.“ Mit diesem Versicherungssystem könnten die Anlagenbetreiber mehr potenzielle Versicherer ansprechen, als es möglich sei, wenn der Betreiber nur geringe Selbstbehalte vereinbaren beziehungsweise akzeptieren will.

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