CO2-Minderungsprogramm

Nach wochenlangen Beratungen soll schon bald das Klima-Sofortprogramm der Bundesregierung im Kabinett beschlossen werden. Doch das Verkehrsministerium hinkt den Zielvorgaben noch weit hinterher. Greenpeace schlägt drei Maßnahmen vor.

Greenpeace hält Klimaschutz-Sofortprogramm für unzureichend


Die Umweltschutzorganisation Greenpeace Deutschland hält das Klimaschutz-Sofortprogramm der Bundesregierung für nicht ausreichend. „Das Klimaschutz-Sofortprogramm der Bundesregierung ist nicht konform mit dem 1,5-Grad-Ziel“, sagte Geschäftsführer Martin Kaiser dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Dienstag). Besonders kritisierte er die Haltung des Bundesverkehrsministeriums. „Es ist schon besonders dreist, dass im Verkehrsbereich, wo wir bei den Einsparungen der Emissionen 30 Jahre Stillstand hatten, nun der größte Widerstand ist.“ Dort würden Sofortmaßnahmen fehlen, um die Minderungslücken zu schließen.

Am Montag waren aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums Eckpunkte für das Klimaschutz-Sofortprogramm bekannt geworden. Demnach bleibt im Verkehrssektor bis 2030 noch immer ein Minderungsbedarf von 118 bis 175 Millionen Tonnen Treibhausgase, der durch die Maßnahmen aus dem Sofortprogramm nicht gedeckt wäre. „Vor dem Hintergrund der klimapolitischen Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte“ sei es im Verkehrssektor „nicht sofort möglich, alle notwendigen Weichenstellungen in einem Schritt zu vereinbaren“, hieß es aus dem Verkehrsministerium. Bis zum Frühjahr 2023 sollen weitere Instrumente vorliegen, um die Lücke zu schließen.

Das geplante Klimaschutz-Programm soll Deutschland in die Lage versetzen, seine Klimaziele einzuhalten – insbesondere das Ziel, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 65 Prozent zu senken. Dafür müssen alle Sektoren – darunter die Schlüsselbereiche Gebäude und Verkehr – ihren eigenen Beitrag leisten. Das Programm legt für jeden einzelnen Sektor einen Fahrplan bis 2030 fest. Erste Maßnahmen sollen bis Ende des Jahres beschlossen werden.


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Um das Sektorziel für den Bereich Verkehr zu erreichen, plant das Verkehrsministerium unter anderem den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, eine bundesweite elektrische Ladeinfrastruktur sowie mehr saubere Kraftstoffe im Schienen-, Luft- und Schiffsverkehr. Greenpeace-Chef Kaiser forderte obendrein noch weitere Maßnahmen. Dazu zählen ein früherer Verbrenner-Ausstieg, ein Tempolimit sowie die Erhöhung der Zulassungssteuer für Verbrenner.

„Drei Maßnahmen mit großer Hebelwirkung sind jetzt notwendig: Wir brauchen einen verpflichtenden Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bei Neuwagen im Jahr 2028“, sagte Kaiser. „Auf den Autobahnen benötigen wir ein Tempolimit 100, auf den Landstraßen Tempolimit 80 und innerorts ein Tempolimit 30. So könnten sieben bis neun Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.“ Zudem müsse die Bundesregierung die Zulassungssteuer auf Verbrenner deutlich anheben, damit sich der Anreiz zum Kauf eines E-Autos erhöht.

Heizung mit 65 Prozent erneuerbaren Energien

Ein weiterer zentraler Punkt des Klimaschutz-Sofortprogramms ist der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien. Vorgesehen ist, dass bis 2030 80 Prozent des Stroms ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen, vorwiegend aus Wind- und Solarenergie, stammen sollen. Im Gebäudesektor sehen die Eckpunkte aus dem Haus von Robert Habeck (Grüne) vor, dass ab 2024 möglichst nur noch solche Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Damit will die Bundesregierung vor allem die Nutzung von Wärmepumpen vorantreiben.

In der Industrie sollen die Treibhausgase gemindert werden, indem Unternehmen verstärkt auf klimafreundliche Produktionsweisen und Technologien setzen. Das Sofortprogramm soll die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für sogenannte Klimaschutzdifferenzverträge schaffen. Mit diesen Verträgen können die Mehrkosten einer klimafreundlichen Produktion staatlich abgesichert werden.

Die Eckpunkte zum Klima-Sofortprogramm enthalten außerdem erste Anhaltspunkte für eine Weiterentwicklung des Bundes-Klimaschutzgesetzes. Entsprechende Eckpunkte dazu, wie das Gesetz überarbeitet werden soll, will die Bundesregierung ebenfalls im Frühjahr 2023 beschließen. Das Gesetz ist die Grundlage für die nötigen Emissionseinsparungen in den einzelnen Sektoren.

320°/dpa/re

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