Schlechtere Qualität

Die Marktbedingungen für das Recycling und die Runderneuerung von Reifen werden offenbar immer schlechter. Viele Reifen seien dafür nicht mehr geeignet, beklagt der Entsorgerverband bvse. Und auch der Absatz bereitet Schwierigkeiten.

Immer weniger Reifen für Runderneuerung oder Recycling geeignet


Die Runderneuerung von Reifen hat einige Umweltvorteile – sie reduziert den CO2-Ausstoß, spart Rohstoffe und Energie und unterstützt die Kreislaufwirtschaft.

So verursachen runderneuerte Reifen laut einer Ökobilanz des Fraunhofer-Instituts UMSICHT in der Herstellung über 63 Prozent weniger CO2-Emissionen als qualitativ vergleichbare hochwertige Neureifen. Zudem werden bei der Runderneuerung durchschnittlich 50 kg weniger Rohstoffe eingesetzt, was nach Berechnungen des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk einer durchschnittlichen Einsparung von rund 70 Prozent gegenüber der Herstellung eines Neureifens entspricht.

Doch inzwischen kommen bei den Fachbetrieben immer weniger geeignete Reifen an, wie der Entsorgerverband bvse beklagt. Deshalb müsse sichergestellt werden, dass Reifen ordnungsgemäß gesammelt und sortiert werden. Der Verband denkt dabei an eine gesetzliche Verordnung oder eine freiwillige Selbstverpflichtung, wie bei der Mitgliederversammlung des bvse-Fachverbandes Recycling von Reifen und Gummi Mitte Oktober in Bonn deutlich wurde.

Starke Schadstoffbelastung

Auch das Recycling von Altreifen gestaltet sich zunehmend schwieriger, erklärt der bvse. Grund sei die schlechtere Qualität der Reifen. „In unserer Sortieranlage müssen wir immer mehr Altreifen aussondern, die sich per se nicht mehr recyceln lassen“, sagt Alexander Prokein, Geschäftsführer beim Werkstattentsorger Estato. „Insbesondere betrifft das sogenannte Seal- und Silent-Reifen. Grundsätzlich kann man feststellen, dass in den letzten Jahren der Anteil der Altreifen, die weiterverwendet, runderneuert oder recycelt werden können, kontinuierlich kleiner geworden ist.“

Die Qualitätsprobleme resultieren zum einen aus Neureifen, die in China produziert und in Deutschland verkauft werden. Diese würden umweltgefährdende Bestandteile enthalten, die ein Recycling nach der Nutzungsphase ausschließen. „Diese Art Neureifen dürfen erst gar nicht nach Europa gelangen, weil sie den rechtlichen Bestimmungen der Europäischen Union nicht entsprechen“, fordert der bvse. Die Einfuhrkontrollen müssten hierfür deutlich verbessert werden.

Aber auch die Reifen deutscher und europäischer Hersteller seien mit Schadstoffen belastet. So verwende die Reifenindustrie nach wie vor hochbelastete Ruße für die Herstellung von Reifen und gefährde damit „massiv“ das Altreifenrecycling, erklärt der bvse. Die Ruße seien so stark mit giftigen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, kurz PAK, belastet, dass die vorgeschriebenen Grenzwerte in Recyclingprodukten immer wieder überschritten würden.

Dabei gäbe es durchaus Alternativen zu den PAK-haltigen Rußen. „Da die guten Ruße jedoch teurer sind als die PAK-Ruße, greifen die Hersteller lieber zur billigeren Variante“, sagt bvse-Vizepräsident und Fachverbandsvorsitzender Bernd Franken.

Gummirezyklate im Straßenbau nicht gefragt

Und auch auf der Absatzseite hapert es. Runderneuerte Reifen stünden immer stärker unter Konkurrenzdruck durch billige Neuware aus dem asiatischen Raum und würden deshalb immer häufiger vom Reifenhandel ausgelistet, so der bvse.

Beim Recycling sei festzustellen, dass die gewonnenen Gummirezyklate nur selten in Asphalt eingesetzt würden – obwohl sie Vorteile wie Langlebigkeit, bessere Haftung und damit kürzere Bremswege und eine deutlich geringere Lärmentwicklung hätten.

Diese Vorteile seien für die Straßenbauindustrie jedoch nicht ausschlaggebend, so der Verband. Denn vielfach verdienten die Straßenbauunternehmen ihr Geld weniger im Straßenneubau, wo ein harter und transparenter Preiswettbewerb herrsche, sondern im Bereich der Straßenerhaltung.

Was sich dagegen tun lässt? „In den USA und Kanada wurde dieses Problem dadurch gelöst, dass der Einsatz von gummimodifiziertem Asphalt im Straßenbau vorgeschrieben ist“, sagt Hubert Vietoris vom Reifenrecycler AGWR.

320°/re

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