Politische Einigung

Die politische Einigung über die Novelle der Verpackungsverordnung steht, nun geht es um die Details und die Umsetzung. Wie fallen die Reaktionen aus? Ein Überblick.

EU-Verpackungs­verordnung: Stimmen zur Einigung


  • Verband kommunaler Unternehmen (VKU):

„Wir begrüßen die Einigung auf europäischer Ebene und fordern zwingend eine schnelle Bestätigung des Kompromisses durch das EU-Parlament und den Rat der EU – insbesondere auch durch die deutsche Bundesregierung“, erklärt Patrick Hasenkamp, VKU-Vizepräsident und Leiter der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster. Auf den letzten Metern dürfe es nicht noch eine Blockade geben.

Der historische Höchststand bei Verpackungsabfällen kann nach Auffassung des VKU nur durch eine stringente Abfallvermeidung und der Förderung von Wiederverwendung und Recycling verringert werden. „Die Ziele zur Rezyklierbarkeit bis 2030 wären voraussichtlich unerfüllbar, sollte der Gesetzgebungsprozess nicht noch in dieser EU-Legislaturperiode abgeschlossen werden können. Deutschland muss sich dafür ambitioniert und unterstützend in der Verpackungsverordnung in Brüssel zeigen und ein verlässlicher und konstruktiver Partner auf europäischer Ebene sein.“

Der Verband verweist auf Zahlen der Europäischen Kommission, wonach die Menge der Verpackungsabfälle in der EU in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 20 Prozent zugenommen hat. Die Menge werde bis 2030 um weitere 19 Prozent ansteigen, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Bei Verpackungsabfällen aus Kunststoff sei bis 2030 mit einer Zunahme von 46 Prozent zu rechnen.

„Diese Erhebungen zeigen: Wir benötigen zwingend eine stringente Lösung für den Ressourcenschutz und die Abfallvermeidung, um den Aufbau einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft baldmöglichst zu gewährleisten. Hierfür setzen sich die kommunalen Unternehmen unermüdlich ein. Dafür brauchen wir auch die EU-Verpackungsverordnung.“

  • Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE)

Der BDE bezeichnet die vorläufige Einigung zur EU-Verpackungsverordnung als richtiges und wichtiges Votum. „Wir sind sehr erleichtert. Die EU-weit geltenden neuen Regeln für Verpackungen sind dringend notwendig, um die hochwertige ressourcen- und klimaschonende Kreislaufführung von Verpackungsabfällen weiterzuentwickeln. Genau dies ist wichtig“, erklärt Hauptgeschäftsführer Andreas Bruckschen.

Wie der BDE hervorhebt, müssen laut Verordnung alle Verpackungen bis 2030 recycelbar sein. Außerdem werde die Harmonisierung der Verpackungskennzeichnung eingeführt, um die Getrenntsammlung der Verbraucher zu verbessern. „In der vorläufigen Einigung werden auch Rezyklateinsatzquoten in Kunststoffverpackungen für 2030 und 2040 festgelegt. Die Kommission wird die Umsetzung der 2030-Quoten überprüfen und die Quoten für 2040 im Rahmen einer Revision eventuell anpassen.“

Nach Informationen des BDE haben sich EU-Parlament und EU-Rat darauf geeinigt, dass die verwendeten Rezyklate zur Erreichung der Einsatzquoten für Kunststoffverpackungen aus Abfällen gewonnen werden müssen, die zuvor als Produkt innerhalb der EU in Verkehr gebracht worden und dort als Abfall angefallen sind. Die Kommission hatte diesbezüglich in letzter Minute Bedenken handelsrechtlicher Natur geäußert, die Parlament und Rat aber laut BDE nicht teilen.

„Nach dieser nun gefundenen Einigung ist es wichtig, dass die Kompromisse, auf die sich die Verhandlungsführer am Montagabend geeinigt hatten, im Rat von einzelnen Mitgliedstaaten nicht im Nachhinein in Frage gestellt werden“, mahnt Bruckschen. „Wir appellieren daher noch einmal ausdrücklich an die Bundesregierung, die Verpackungsverordnung nicht zu torpedieren, sondern zu unterstützen! Das Gesetzgebungsverfahren muss jetzt abgeschlossen werden, damit wir zügig die Kreislaufführung von Verpackungen erreichen.“

  • European Environmental Bureau (EEB):

„Die Koalition der Nichtregierungsorganisationen, die an den EU-Verpackungsvorschriften arbeitet, begrüßt die strengeren Bestimmungen zu bedenklichen Stoffen und die direkten Beschränkungen für eine Gruppe schädlicher und extrem langlebiger Chemikalien (PFAS) in Lebensmittelverpackungen“, erklärt das EEB. „Es wird erwartet, dass ein obligatorischer zukünftiger Bericht über das Vorhandensein besorgniserregender Stoffe in Verpackungen mehr Klarheit darüber bringen wird, inwieweit sie sich negativ auf die Kreislaufwirtschaft, die chemische Sicherheit und die Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Umwelt auswirken.“

Weiter heißt es: „Die Koalition bedauert jedoch, dass der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission, der im November 2022 veröffentlicht wurde, durch eine Fülle von Ausnahmen und Sonderregelungen verwässert wurde, die unter dem Druck der Wegwerf-Lobbys angenommen wurden. Besonders enttäuschend ist, dass der Geltungsbereich der Beschränkungen für unnötige Verpackungen nur auf Einwegkunststoffe und nicht auf alle Einwegformate (einschließlich Einwegverpackungen auf Papierbasis) beschränkt ist, wie im ursprünglichen Vorschlag vorgesehen.

Es ist auch bedauerlich, dass Kartonverpackungen von den Wiederverwendungszielen für den Transport ausgeschlossen sind. Diese Schlupflöcher sind das Ergebnis des beispiellosen Drucks von Einwegpapier-Lobbys und bergen die Gefahr, dass die Wirksamkeit der Verordnung untergraben wird, was zu einem Anstieg des Verbrauchs von Papierverpackungen führt, wodurch verschwenderische Praktiken fortgesetzt werden und ein nicht nachhaltiger Druck auf die Wälder entsteht.“

  • Deutsche Umwelthilfe (DUH)

Unzufrieden gibt sich auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH). „Wir bedauern, dass der massive Lobbydruck der Einwegindustrie die Verpackungsverordnung deutlich abgeschwächt hat“, kommentiert DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz die politische Einigung. Nichtsdestotrotz sei der verhandelte Kompromiss ein wichtiger Impuls für die Verringerung von Verpackungsmüll und damit für den Schutz von Ressourcen und unseres Klimas. Erstmals werde es bindende Abfallvermeidungsziele und Mehrwegquoten geben.

„Verbote bestimmter Plastikverpackungen für Obst und Gemüse, beim Vor-Ort-Verzehr in der Gastronomie und für Miniaturverpackungen in der Hotellerie sind ebenso richtig wie Rezyklateinsatzquoten in Kunststoffverpackungen“, betont Metz. „Ein Scheitern der EU-Verpackungsverordnung wäre einer Kapitulation gegenüber dem ausufernden Müllproblem gleichgekommen. Die gefundenen Kompromisse dürfen nun bei den abschließenden Abstimmungen im EU-Parlament und vor allem im -Rat nicht in Frage gestellt werden. Wir fordern Bundeskanzler Olaf Scholz und Umweltministerin Steffi Lemke mit Nachdruck dazu auf, die Verpackungsverordnung zu unterstützen und sich nicht durch die FDP davon abbringen zu lassen.“

  • IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen

Die Hersteller von Kunststoffverpackungen kritisieren vor allem die Sonderregelungen für Kunststoffverpackungen und die Ausnahmen für Papier- und Kartonverpackungen. „Viele der Regelungen zu Verpackungsverboten, Mehrwegquoten, Recyclinganforderungen und Einsatzquoten für Rezyklate gelten nur für Kunststoffverpackungen oder sehen Ausnahmen für andere Verpackungsmaterialien vor“, moniert der Verband. „Dabei hatte ein von IK, EuPC und Elipso in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten gezeigt, dass solche unterschiedlichen Regelungen von Verpackungsmaterialien mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen den EU-rechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, da keine sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung vorliegen und diese auch nicht mit den Zielen der PPWR vereinbar ist.“

Die Verbote und Wiederverwendungsvorgaben ausschließlich für Kunststoffverpackungen würden lediglich zu einem Ausweichen auf Einwegverpackungen aus anderen Materialien wie Papier- und Kartonverpackungen führen, die im Vergleich zu Kunststoffverpackungen oft weniger nachhaltig seien, so der Verband.

Außerdem führe die Regelung, dass Verpackungen mit einem Kunststoffanteil von weniger als 5 Prozent nicht unter die Rezyklateinsatzquoten fallen, dazu, dass reine Kunststoffverpackungen durch schlecht recycelbare kunststoffbeschichtete Kartonagen ersetzt würden, kritisiert Isabell Schmidt, Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft in der IK. „Insgesamt begünstigen die Sonderregelungen eine Verschiebung hin zu dickeren und schwereren Verpackungsmaterialien und damit zu mehr Verpackungsmüll und mehr CO2-Emissionen. Das ergibt ökologisch keinen Sinn.“

„Wir fordern die Entscheider auf, die unrechtmäßigen Sonderregeln zu streichen und gleiche Regeln für alle Verpackungsmaterialien zu schaffen“, sagt Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der IK. „Die EU-Kommission prüft derzeit, ob sie der vorläufigen Einigung zustimmen kann. Wir sehen in der Überprüfung des Kompromisses die Chance, klare und vor allem rechtssichere Regelungen zu treffen.“

320°/re

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