Reaktion der privaten Entsorgerverbände

Die privaten Entsorgerverbände halten die UBA-Studie über die Entwicklung der gewerblichen Sammlungen für wenig aussagekräftig. Sie bemängeln die unzureichende Datenbasis und sehen sich in ihrer Kritik bestätigt. Sie fordern, nun die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Deutliche Kritik an UBA-Studie


Die privaten Verbände kritisieren insbesondere die lückenhafte Datenbasis der Studie. So bedauert der BDE, dass die UBA-Studie nur einen „Ausschnitt der Untersagungspraxis dokumentiert“. Insgesamt hätten nur die zuständigen Behörden aus elf von 16 Bundesländern vollständig geantwortet.

Die Daten von so wichtigen, großen Flächenstaaten wie Nordrhein-Westfalen und Bayern seien zudem durch die antwortenden Landesumweltministerien zusammengefasst worden und damit nicht in der Detailtiefe auswertbar. Auch der bvse zeigte sich enttäuscht, dass die Daten von Nordrhein-Westfalen und Bayern zusammengefasst wurden. Eine dieser zusammenfassenden Angaben beruhe zudem auf unvollständigem Rücklauf.

„Damit ist die Studie natürlich mit einem erheblichen Mangel belastet und nicht ausreichend belastbar“, erklärt bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. „Angesichts dieser Datenlage hätten wir es für klüger gehalten, diese Zahlen erst gar nicht in die Welt zu setzen.“

Abschreckende Wirkung

Kritik kommt auch von den beiden Metallrecyclingverbänden BDSV und VDM. „Nicht einmal die Hälfte der Bundesländer haben vollständige Daten darüber abgeliefert, inwieweit die Behörden in den letzten Jahren Verbote für private Wertstoffsammler ausgesprochen haben – daher gibt die Studie maximal eine halbe Wahrheit wieder“, betont BDSV-Hauptgeschäftsführer Rainer Cosson.

Hinzu kommt nach Auffassung des bvse, dass gerade im Altpapierbereich schon viele Untersagungen vor dem Erhebungszeitraum (01.06.2012-28.02.2015) ausgesprochen wurden. „Machen wir uns nichts vor: Das neu eingeführte Anzeigeverfahren und die damit einhergehenden teilweise willkürlichen Untersagungen haben zudem eine abschreckende Wirkung entfaltet, neue gewerbliche Sammlungen überhaupt zu beantragen“, so Rehbock.

Nur befristete Sammlungen

Anschauliches Beispiel für ein solches planmäßiges „Abschreckungsverfahren“ stellt laut bvse der Anhörungsbogen der Stadt Augsburg dar. Hier wurde Sammlern angekündigt, dass die Stadt im Falle einer Untersagung der Sammlung eine Gebühr von 2.400 Euro erhebt. Dass diese Höhe der Gebühren kein Einzelfall ist und tatsächlich von Behörden abgerufen wurde, zeige auch das Beispiel einer Untersagungsverfügung aus Dortmund, bei der die Gebühr für die Untersagungsverfügung auf 2.500 Euro festgesetzt wurde.

„Angesichts dieser Beispiele ist verständlich, wenn das Kostenrisiko behördlicher und vor allem gerichtlicher Verfahren von kleineren und mittelständischen Unternehmen oft gescheut und in Folge davon abgesehen wurde, eine Anzeige für eine gewerbliche Sammlung aufrecht zu erhalten bzw. zu stellen“, betont der bvse.

Außerdem seien in den Bundesländern vielfach zwar keine Untersagungen ausgesprochen worden, aber dafür seien die Sammlungen nur befristet erlaubt worden. Mit dieser Verfahrensweise versuchten die Behörden, den Bestandsschutz von Sammlungen auszuhöhlen, glaubt der bvse. Dies werde auch durch die Auswertung der Gutachter bestätigt, nach der sich 25 Prozent der gerichtlichen Verfahren mit Befristungen und Auflagen beschäftigen.

Laut bvse ist das gerichtliche Verfahren auch bei einer Reihe von Schrotthändlern noch anhängig. Nach Ablauf der Befristung dürten sie kein Material mehr annehmen. Bei erneuter Anzeigenstellung stehe dann zu befürchten, dass die Sammlungen doch noch untersagt werden.

Fehlende Neutralität auf Behördenseite

Der bvse zeigt sich weiter davon überzeugt, dass die vorgegebenen Neutralitätsanforderungen an die zuständige Behörde in vielen Bundesländern faktisch nicht gegeben ist. Indiz hierfür sei die Feststellung der Gutachter, dass in Bundesländern, in denen die zuständige Behörde auf Ebene der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger angesiedelt ist, deutlich mehr Untersagungen ausgesprochen werden als in Bundesländern, welche die Zuständigkeit oberhalb der örE-Ebene angesiedelt haben.

„Es steht außer Zweifel, dass manche Kommunen, soweit eine wirtschaftliche Opportunität besteht, alle rechtlichen Register ziehen, um gewerbliche Sammlungen zu verdrängen“, meint Rehbock. Die Vielzahl von Untersagungen, die von den zuständigen Gerichten als rechtswidrig eingestuft wurden, spreche ebenfalls dafür, dass die behördliche Urteilsfähigkeit durch kommunales Gewinnstreben möglicherweise behindert werden könnte.

„Nicht im Belieben von Lokalfürsten“

Ähnlich sieht das der BDE. „Die Entscheidungsfindung durch eine neutrale Behörde, die nicht auf der gleichen Ebene wie der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger angesiedelt ist, würde die Transparenz und die Akzeptanz behördlicher Entscheidungen entscheidend erhöhen“, so BDE-Präsident Peter Kurth. „Es kann nicht angehen, dass Spieler und Schiedsrichter in einem Team spielen.“

Der BDE fordert deshalb, die Handlungsempfehlungen aus der Wissenschaft umzusetzen. Insbesondere die Bundesländer müssten dafür sorgen, dass die Neutralität auf Behördenseite gewährleistet ist. „Gerade Untersagungsexzesse in einzelnen Regionen sprechen dafür, dass der Gesetzgeber nachsteuern muss“, erklärte Kurth. So erfolgten in Rheinland-Pfalz 92 Prozent aller Untersagungen durch sechs von insgesamt 33 zuständigen Behörden oder in Niedersachsen 47 Prozent aller Untersagungen durch fünf von 47 zuständigen Behörden. Kurth: „Die Zulässigkeit einer gewerblichen Sammlung darf nicht im Belieben von Lokalfürsten stehen.“

Darüber hinaus weist der BDE darauf hin, dass seitens der Verbände der sogenannten Kleinsammler nur der Zentralrat der Sinti und Roma eine kurze Stellungnahme abgab. „Es ist zu befürchten, dass viele bewährte Erfassungsstrukturen aus der Zeit vor dem Kreislaufwirtschaftsgesetz bereits zerschlagen sind“, meint Kurth. „Das Schweigen der Kleinstsammler ist auch ein Signal.“

Aber auch die in der Studie genannte Zahl von 1.361 Untersagungen ist nach Auffassung der beiden Verbände BDSV und VDM nicht zu unterschätzen. „1.361 Untersagungen von gewerblichen, privaten Wertstoffsammlungen in 33 Monaten mögen wenig klingen, sind aber über 40 pro Monat – und das noch ohne die zahlreichen Länder, die ihre Daten bisher unter Verschluss halten,“ so BDSV-Hauptgeschäftsführer Rainer Cosson.

 

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