Nach der Übernahme

Mit der Übernahme von Tönsmeier schwingt sich GreenCycle zum fünfgrößten Entsorger in Deutschland hoch. Aller Voraussicht nach wird sich die Tochterfirma der Schwarz-Gruppe mit dem Erreichten nicht begnügen: Sie hat den Willen, weiter zu wachsen - und auch die nötige Kapitalkraft.

„GreenCycle verfolgt klare Wachstumstratgie“


Wer in den vergangenen Monaten die Stellenanzeigen von GreenCycle verfolgt hat, konnte zwei Schlüsse ziehen. Entweder ist es Zufall, dass das Unternehmen viele neue Positionen zur gleichen Zeit ausschreibt oder die Firma befindet sich mitten im Wachstumsprozess. Dass Letzteres zutrifft, ist seit gestern (2. Juli) offenkundig: Die Tochterfirma von Europas größtem Handelskonzern, der Schwarz-Gruppe, zu der auch Lidl und Kaufland gehören, hat den Entsorger Tönsmeier übernommen.

Vorausgegangen war eine Investorensuche, die Tönsmeier Anfang März offiziell bekannt gegeben hatte. Gesucht wurde ein „langfristig orientierter und finanzstarker Investor“, der potent genug ist, um die nötigen Investitionen zu stemmen, die im Hinblick auf das Verpackungsgesetz, die Gewerbeabfallverordnung und die Einführung der Kreislaufwirtschaft in Polen nötig erschienen. Hierfür seien mehr als 150 Millionen Euro nötig, rechnete Tönsmeier vor.

Genau vier Monate später präsentierte der Entsorger den Vertragsabschluss mit GreenCycle. „Unser oberstes Ziel war, einen finanziell starken neuen Eigentümer zu finden, der strategische Wachstumspläne hat und die Tönsmeier Gruppe weiterentwickeln will. Dieses Ziel haben wir mit GreenCycle erreicht, deren Angebot uns am meisten überzeugt hat”, zeigte sich Jürgen Tönsmeier, Aufsichtsratsvorsitzender der Tönsmeier Gruppe, mit dem Ergebnis zufrieden.

Duales System von GreenCycle?

Mit der Übernahme von Tönsmeier ist GreenCycle nun zum fünftgrößten Entsorger in Deutschland aufgestiegen. Vor ihm liegen Remondis, Veolia, Suez und Alba, die ein ähnliches Geschäft betreiben wie künftig GreenCycle, nur mit dem Unterschied, dass hinter GreenCycle der Handelskonzern Schwarz steht. Die Schwarz-Gruppe gilt als äußerst kapitalstark und ehrgeizig, so dass es guten Grund gibt anzunehmen, dass GreenCycle noch weitere Ziele in der Abfallwirtschaft verfolgen wird.

Darauf deutet auch die Aussage von GreenCycle-Geschäftsführer Dietmar Böhm hin: „GreenCycle verfolgt eine klare Wachstumsstrategie und möchte sich verstärkt als Treiber der Kreislaufwirtschaft und mit nachhaltigen Innovationen am Markt etablieren“, erklärte er. Schon seit Monaten hält sich beispielsweise das Gerücht, dass GreenCycle ein eigenes duales System aufbauen möchte. Bislang lizenziert die Schwarz-Gruppe ihre Verpackungen bei Interseroh. Einige in der Branche glauben auch an die Variante, dass GreenCycle auf die passende Gelegenheit wartet, um ein duales System übernehmen zu können.

Bis dato hat GreenCycle die Sammlung und die Verwertung von Abfällen aus dem Filial- und Logistikbetrieb der Gruppe organisiert, etwa für Lidl und Kaufland. Dazu zählen Biomasse, PPK, Folien und Kunststoffe, PET-Flaschen und andere Abfälle. Pro Jahr sind das rund 2 Millionen Tonnen Wertstoffe, darunter 150.000 Tonnen Kunststoffe und 500.000 Tonnen Altpapier. Dafür beschäftigt GreenCycle 150 Mitarbeiter und arbeitet mit Logistik- und Recyclingunternehmen zusammen. Außerdem betreibt die Schwarz-Gruppe zwei PET-Recyclinganlagen in der Nähe von Aachen und im Vogtland.

Über 30 Aufbereitungsanlagen

Durch die Übernahme von Tönsmeier fallen GreenCycle nun auch eigene Aufbereitungsanlagen zu. Tönsmeier verfügt in Deutschland, Polen und den Niederlanden über 30 Aufbereitungsanlagen. Dazu zählen auch die beiden Standorte Herford und Börde-Hakel mit einer Aufbereitungskapazität für 30.000 Tonnen Altkunststoffe.

Hinzu kommen Kapazitäten für Altholz, Altglas, Metallschrott, E-Schrott und Kompost sowie Sonderabfall und Aktenvernichtung. In Bernburg (Sachsen-Anhalt) betreibt Tönsmeier zusammen mit dem Chemieunternehmen Solvay obendrein ein EBS-Kraftwerk mit einer Jahreskapazität von bis zu 550.000 Tonnen. Insgesamt bereitet Tönsmeier jährlich rund 650.000 Tonnen Abfall zu Ersatzbrennstoffen auf.

Mit all diesen Aktivitäten erzielte Tönsmeier im Jahr 2016 einen Umsatz von knapp 438 Millionen Euro. 200 Millionen Euro stammten aus der Abnahme und Veräußerung von Wertstoffen sowie aus der Annahme von Abfall zur Beseitigung. Weitere 124 Millionen Euro kommen aus dem Transportgeschäft und rund 105 Millionen Euro aus dem Verkauf von Altpapier.

Verkauf von WPT

Die Altpapiersparte hat Tönsmeier inzwischen größtenteils abgestoßen. Die Sparte bestand im Wesentlichen aus einer 50 Prozent-Beteiligung an der Handelsgesellschaft Waste Paper Trade (WPT) mit Sitz in den Niederlanden. Die übrigen 50 Prozent hielt das niederländische Unternehmen Lumaro Beheer.

Beide Anteilseigener haben WPT Ende Juni an die Cycle Link International Holdings Limited verkauft, die das Tochterunternehmen einer chinesischen Firma ist. Mit der Veränderung der Gesellschafterstruktur richtet sich die WPT, die in erster Linie Altpapier vermarktet, nun stärker auf den asiatischen Markt aus.

 

© 320° | 03.07.2018

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