Preisentwicklung im April

Die Stahlschrottpreise in Deutschland haben im April einen kräftigen Sprung gemacht. Fast alle Sorten stiegen im Durchschnitt um etwas mehr als 30 Euro. Unterdessen gibt es in der Stahlindustrie erste Fusionsüberlegungen.

Kräftiger Anstieg der Stahlschrottpreise


Hintergrund für die Preissteigerung ist nach Angaben von Marktteilnehmern die stärkere Stahlschrottnachfrage aus der Türkei. Angeblich verbucht die türkische Industrie diverse Großaufträge, die einen zusätzlichen Stahlbedarf ausgelöst haben. Aber auch die Schrottnachfrage deutscher Stahlwerke hat angezogen.

Die Folge waren Preissteigerungen in Deutschland um rund 30 Euro je Tonne. Für die einzelnen Stahlschrottsorten zeigen sich gemäß BDSV folgende durchschnittliche Lagerverkaufspreise:

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Stahlaltschrott Sorte 1: 163,7 Euro/Tonne (+31,7 Euro vs. März 2016)

Stahlneuschrott Sorte 2/8: 177,8 Euro/Tonne (+31,3 Euro vs. März 2016)

Schwerer Stahlaltschrott Sorte 3: 180,6 Euro/Tonne (+30,9 Euro vs. März 2016)

Shredderstahlschrott Sorte 4: 187,2 Euro/Tonne (+33,2 Euro vs. März 2016)

Stahlspäne Sorte 5: 134,1 Euro/Tonne (+28,2 Euro vs. März 2016)

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Die weltweite Rohstahlproduktion ging in den ersten drei Monaten des Jahres hingegen um 3,6 Prozent auf 385,7 Millionen Tonnen gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Dabei war der Rückgang in Europa mit einem Minus von 7 Prozent deutlich höher als der in Asien mit 3,1 Prozent, wie die neuesten Zahlen des Weltstahlverbands worldsteel zeigen.

Im Monat März wurde weltweit im Vergleich zum Vorjahresmonat hingegen nur minimal weniger Rohstahl produziert: Die Herstellung schrumpfte um 0,5 Prozent auf 137 Millionen Tonnen. Die globalen Kapazitäten waren damit zu 70,5 Prozent ausgelastet – das sind 1,3 Prozentpunkte weniger als noch im März 2015. Im Vergleich zum Februar dieses Jahres stieg die Auslastung jedoch um 3,9 Prozentpunkte. In Deutschland ging die Produktion im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,6 Prozent auf 3,8 Millionen Tonnen zurück, Russland stellte mit 6 Millionen Tonnen etwa 2 Prozent mehr her.

Auch in China stieg im März 2016 die Rohstahlproduktion an. Offenkundig hat sich die Ankündigung der chinesischen Regierung, die Stahlkapazitäten zu drosseln, noch nicht niedergeschlagen. Die Regierung in Peking hatte versprochen, in den kommenden drei Jahren die Kapazitäten um 150 Millionen Tonnen zu kürzen und damit auch etwa 500.000 Stellen in der chinesischen Stahlindustrie zu streichen. Nach Angaben der Statistikbehörde in Peking legte die Rohstahlproduktion im März im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,9 Prozent auf 70,65 Millionen Tonnen zu.

Gerüchte über Stahlkonzerne

Das Billigexporte Chinas setzen der europäischen Stahlindustrie weiter spürbar zu. Entsprechend wird eine Konsolidierungswelle erwartet, zu der erste Gerüchte laut werden. So soll der indische Konzern Tata Steel mit Thyssenkrupp im Gespräch um ein Joint Venture sein. Daneben soll Thyssenkrupp angeblich auch mit Salzgitter und ArcelorMittal über eine mögliche Zusammenführung des Stahlgeschäfts sprechen.

Thyssenkrupp-Chef Heinrich Heisinger äußerte sich vergangene Woche zu den Spekulationen: „Wir sprechen auch ganz offen darüber, dass aus unserer Sicht in der derzeitigen Situation eine Konsolidierung der europäischen Stahlindustrie ein möglicher Schritt nach vorne sein kann.“ Konkrete Namen oder Pläne nannte er nicht. Für die an den Spekulationen beteiligten Konzerne haben sich die Gerüchte derweil schon mal gelohnt: Die Aktien alle Unternehmen zogen leicht an.

Bundestag debattiert zur Lage am Stahlmarkt

Inzwischen beschäftigen die chinesischen Dumpingexporte auch die deutsche Politik. Kommende Woche will der Bundestag sich mit der Stahlindustrie in Deutschland und Europa befassen. Politiker der Regierungskoalition hatten einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Die Parlamentsdebatte ist für eineinhalb Stunden angesetzt und soll auch die geplanten europäischen Klimaschutzregelungen zum Thema haben.

Neben den schwierigen Bedingungen bei der Stahlherstellung gibt es auch auf der Nachfrageseite keinen wirklichen Lichtblick: Nach einer Prognose von worldsteel soll die Stahlnachfrage in diesem Jahr insgesamt um 0,8 Prozent zurückgehen und bei etwa 1,48 Milliarden Tonnen liegen. Allerdings ist der Rückgang deutlich geringer als im vergangenen Jahr, als er bei minus 3 Prozent lag.

Schuld an dem Negativwachstum ist vor allem der gebremste Bausektor in China, der zu einem Nachfragerückgang von etwa 4 Prozent führen soll. Auch in Brasilien und Russland soll die Nachfrage sinken. Mehr Stahl sollen hingegen Länder wie Indien, die ASEAN-Staaten oder die Türkei benötigen. Für Deutschland sieht worldsteel für 2016 ein leichtes Nachfragewachstum um 1,2 Prozent auf 39,5 Millionen Tonnen.

Zuletzt gibt worldsteel aber einen kleinen Hoffnungsschimmer. Im Jahr 2017 soll die weltweite Rohstahlnachfrage immerhin wieder steigen: um 0,4 Prozent auf 1,49 Milliarden Tonnen.

© 320°/ek | 21.04.2016

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