Bioabfall

Kaffee ist das Elixier, das müde Menschen in die Gänge bringt. Ein junger Brite nimmt das wörtlich: Er will aus Kaffeesatz einen Kraftstoff herstellen. Die Produktion des weltweit ersten Kaffeepellets-Werks ist Ende letzten Jahres gestartet.

Kraftstoff aus Kaffee


Jedes neue Start-up braucht einen Gründungsmythos. Der von Bio-Bean geht so: Noch vor drei Jahren war Arthur Kay ein ganz normaler Architekturstudent. Für eine Semesterarbeit soll der heute 25-Jährige sich mit der Abfallbilanz eines Gebäudes beschäftigen. Wie der Zufall es will, wählt Kay als Studienobjekt einen der zahlreichen Londoner Coffeeshops und ist überwältigt, als er entdeckt, welche riesigen Mengen Kaffeesatz dort Tag für Tag anfallen. Kay recherchiert und stellt fest: In dem feuchten Pulver steckt sehr viel Energie – doppelt so viel wie in Holz. Verrückt, dieses Potenzial nicht zu nutzen, denkt Kay. Er schmeißt das Studium hin und gründet Bio-Bean.

Kays Idee, aus Kaffeesatz Energie zu gewinnen, stößt auf großes Interesse. In kürzester Zeit wird er mit mehreren hochdotierten Preisen ausgezeichnet. Die britische Tageszeitung The Guardian nennt die Idee „so gut – kaum zu glauben, dass noch niemand vorher draufgekommen ist.“ Energiefirmen wie Shell Oil, die Greater London Authority (GLA) und das University College London (UCL), an der Kay sein Architekturstudium absolvierte, investieren in das Projekt über zwei Millionen Euro.

Patentiertes Verfahren

Mit einem kleinen Team entwickelt er einen biochemischen Prozess, mit dem aus dem getrockneten Kaffeesatz hochkalorisches Öl extrahiert werden und anschließend in Biodiesel umgewandelt werden kann. Das verbleibende Pulver wird zu Biomasse-Pellets oder Briketts gepresst, die zur Wärmeproduktion eingesetzt werden können. Wie die Öl-Produktion genau funktioniert, verrät das Unternehmen nicht. Der Prozess ist inzwischen patentiert. Auf Nachfrage heißt es lapidar, man konzentriere sich bisher auf den britischen Markt und vermeide daher im Moment den Kontakt zur deutschen Presse.

Bio-Bean
Bio-Bean

Dass sich Kaffeereste für die Kraftstoffproduktion eignen – sogar besser als viele andere Naturstoffe – bestätigt eine Studie der Universität Bath. Den Wissenschaftlern zufolge gibt es im Gegensatz zu anderen Nutzpflanzen nur geringe Unterschiede, was den Öl-Gehalt angeht. Als Biotreibstoff der zweiten Generation hätte der Kaffee-Brennstoff tatsächlich viele Vorteile: Da der Kaffeesatz ohnehin als Abfall anfällt, konkurriert er nicht um Ackerfläche für die Nahrungsmittelproduktion, wie das etwa bei Mais der Fall ist.

Günstiger als Deponierung

Nicht zuletzt lassen sich mit dem Bio-Bean-Ansatz auch Entsorgungskosten sparen, zumindest in England. Denn anders als in Deutschland landen Kaffeereste in Großbritannien nicht im Biomüll, sondern auf den immer knapper werdenden Deponieflächen. Und das ist teuer. Mit diesem Argument will Kay nun die ganz großen Player überzeugen: Kaffeeketten wie Starbucks und Massenhersteller wie Kraft, Nescafé und andere, die Kaffee rösten, mahlen und zu Instant-Produkten verarbeiten.

Im vergangenen Jahr eröffnete das Unternehmen ein Werk bei Alconbury Weald, das laut Bio-Bean jährlich 50.000 Tonnen Kaffeesatz verarbeiten kann. Der Rohstoff werde von über 300 Standorten in ganz Großbritannien in Zusammenarbeit mit diversen Entsorgungsunternehmen eingesammelt. Wo immer möglich, verkaufe das Unternehmen seine Produkte direkt wieder an den Kaffeeproduzenten. Bis aber die Londoner Busse mit Kaffee-Kraftstoff fahren werden, wird es noch eine Weile dauern. Die Herstellung von Biodiesel sei für „die nahe Zukunft geplant“, heißt es auf der Unternehmenswebseite.

Doch bereits die Idee, Kaffeereste als Wärmeträger in Form von Pellets und Briketts zu nutzen, hat großes Wachstumspotenzial. Schließlich ist Kaffee rund um den Globus als Wachmacher äußerst beliebt. Nicht umsonst wirbt der Ex-Student schon heute um potenzielle Franchisenehmer.

 

320°/db

Mehr zum Thema
Tarifstreit bei SRW spitzt sich weiter zu
100 Prozent recycelte Edelmetalle: Umicore führt „Nexyclus“ ein
Kreislaufwirtschaft: Deutschland und China vereinbaren Aktionsplan
Der längste Streik in der Geschichte der IG Metall
Neuer Roboter entleert Lebensmittelgläser in Sekundenschnelle