Jahresrückblick

Kunststoffe waren in diesem Jahr so stark im Fokus der Öffentlichkeit und Politik wie noch nie. Nahezu monatlich gab es neue Vorschläge, Initiativen und Gesetzesentwürfe, um den Verbrauch zu verringern und das Recycling zu verbessern. Einiges wurde angenommen, manches wieder verworfen. Ein Überblick.

Kunststoffe: Das Dauerthema im Jahr 2018


Bei einem Rückblick auf das Jahr 2018 kommt man an Kunststoffen nicht vorbei. Das Material stand in den vergangenen zwölf Monaten so sehr im Fokus wie noch nie. EU- und deutschlandweit gab es zahlreiche Ideen und Vorschlägen, um den Verbrauch zu verringern und das Recycling zu verbessern.

Die Bandbreite der Vorschläge war groß: Eine Steuer auf Neuware, Steuererleichterungen für Recyclate und Verbote von Einwegprodukten sind nur einige der Ideen, die kontrovers diskutiert wurden. Bis Ende des Jahres sind einige Vorschläge wieder fallengelassen worden, andere sind in die Gesetzgebung eingeflossen und wieder andere sind weiterhin in der Diskussion. Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

EU-Kunststoffstrategie: Die EU macht Druck

Es sei an der Zeit zu handeln, heißt es gleich zu Beginn des Jahres aus Brüssel, als die EU-Kommission ihre Kunststoff-Strategie vorstellt. Das Papier „A European Strategy for Plastics in a Circular Economy“ beinhaltet vier zentrale Vorschläge: Profitableres Recycling, Förderung von Investitionen und Innovationen, Verbot von bestimmten Einwegkunststoffen und Stopp der Meeresverschmutzung.

Obwohl vieles an der Oberfläche bleibt, gibt es auch ein paar konkrete Forderungen. Beispielsweise sollen bis zum Jahr 2030 alle Plastikverpackungen wiederverwendbar oder recycelbar sein. Außerdem soll die Industrie bis zum Jahr 2025 zehn Millionen Tonnen Recyclingkunststoffe in neuen Produkten einsetzen. Dazu soll die Industrie bis Oktober freiwillige Verpflichtungserklärungen abgeben.

Ende November zieht die EU-Kommission dann auch eine positive Bilanz zu der Selbstverpflichtungskampagne der Industrie. Es gäbe über 60 Zusagen zum Einsatz von Recyclaten. „Werden die Zusagen in vollem Umfang umgesetzt, könnten bis 2025 10 Millionen Tonnen recycelte Kunststoffe bereitgestellt werden“, verkündet die Kommission. Was aber noch fehlt, ist die Nachfrage nach Recyclaten. Hierfür gibt es bislang nur Zusagen für fünf Millionen Tonnen.

Gegen Ende des Jahres wird die geplante EU-Richtlinie zu Einwegplastik vom EU-Parlament mit kleinen Änderungen angenommen. Unter anderem fordert das Parlament die Kommission auf zu prüfen, ob in Neuprodukten ein Mindestanteil von Recyclaten in PET-Einwegfaschen gefordert werden kann. Am Mittwoch vor Weihnachten einigen sich dann die Unterhändler von EU-Kommission, EU-Parlament und des EU-Rats auf die Inhalte der Richtlinie. Demnach werden bestimmte Produkte aus Einwegplastik verboten. Außerdem müssen Produzenten von PET-Einwegflaschen bis 2025 mindestens 25 Prozent Kunststoffrecyclate einsetzen. Bis 2030 soll der Anteil auf 30 Prozent gesteigert werden. Die Richtlinie wird voraussichtlich in zwei Jahren in Kraft treten.

Richtlinie für Einwegkunststoffe: Das Ende der Wattestäbchen

Was in der EU-Kunststoff-Strategie lediglich angekündigt ist, wird im Mai schon spruchreif: Mit einer Richtlinie für Einwegkunststoffe will Brüssel unter anderem bestimmte Einwegprodukte aus Kunststoff verbieten – sofern es dafür erschwingliche Alternativen gibt. Unter das Verbot fallen unter anderem Wattestäbchen, Besteck und Teller.

Im Oktober stimmen kurz hintereinander Parlament und die EU-Regierungsvertreter dem Vorschlag zu und verschärfen ihn sogar. So soll unter anderem der Anteil der Kunststoffrecyclate in Getränkeflaschen bis 2025 mindestens 35 Prozent betragen. Das begrüßen auch die Recyclingverbände.

Steuervorschläge: Neuware oder Abfälle besteuern?

Kann es eine Steuer richten? Im Laufe des Jahres gibt es eine Vielzahl von Steuervorschlägen zu den Kunststoffen. Einmal soll die Neuware besteuert werden, ein anderes Mal sollen Recyclate steuerlich vergünstigt werden. Auch der Vorschlag, Kunststoffabfälle mit einer Strafsteuer zu belegen, steht im Raum.

Den ersten Vorschlag macht zu Jahresbeginn EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger. Er bringt eine Kunststoffsteuer ins Spiel, der bvse nennt den Vorstoß einen „völlig falschen Ansatz“. Oettinger wird den Vorschlag in dieser Form nicht mehr erneuern, sondern stattdessen gemeinsam mit der EU-Kommission im April eine Steuer auf Plastikmüll vorstellen.

Der neue Vorschlag sieht vor, dass die Mitgliedstaaten, die eine Recyclingquote von 80 Prozent unterschreiten, für jedes Kilo nicht verwertbarer Altkunststoffe 80 Cent nach Brüssel abführen. Die Steuer auf Kunststoffabfälle ist Teil der Vorschläge, die die EU-Kommission für den europäischen Finanzrahmen von 2021 bis Ende 2027 gemacht hat. Das Budget wird derzeit noch verhandelt, Oettingers Idee wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aufgegriffen.

Auch Grünen-Chef Robert Habeck greift das Thema Plastiksteuer auf – er will die Steuer auf Wegwerfprodukte anwenden, verkündet er im April. Die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze sagt kurz darauf, was sie davon hält: nichts. „Aus Umweltsicht brauchen wir keine neue Steuer, sondern eine intelligentere Steuerung, die zu weniger Abfall und mehr Recycling führt“, so die SPD_Politikerin.

Der Entsorgerverband FEAD wiederum fordert, dass für Kunststoffrecyclate eine ermäßige Mehrwertsteuer gelten soll – diese könnte in der neuen Mehrwertsteuervorschrift verankert werden, die die Kommission Anfang des Jahres überarbeitet. Die EU-Politiker werden den Vorschlag jedoch nicht aufnehmen.

Maßnahmen der Umweltminister: Politiker gegen Mikroplastik

Auch die deutschen Landesumweltminister wollen den Kunststoffabfällen an den Kragen. Auf der Umweltministerkonferenz im Juni fordern sie ein Bündel von Maßnahmen, um den Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt zu vermeiden. Außerdem sollen neue Grenzwerte für Kunststoffanteile in Düngemitteln gelten. Ein Shredderverbot für verpackte Lebensmittelabfälle steht ebenfalls auf der Liste.

Im September verabschiedet der Bundesrat eine Entschließungsantrag zum besseren Recycling von Lebensmittelverpackungen aus Kunststoffen. Mit dem Beschluss fordert die Länderkammer die Regierung auf, gemeinsam ein bundesweit einheitliches Konzept zur schadlosen und ordnungsgemäßen Verwertung von verpackten Lebensmittelabfällen zu erarbeiten. Unter anderem sollen die in der Düngemittelverordnung und der Bioabfallverordnung festgeschriebenen Grenzwerte für Kunststoffanteile in Düngemitteln, Kultursubstraten, Pflanzenhilfsmitteln und Bioabfällen überprüft, angepasst und so weit wie möglich abgesenkt werden. Ein Entschließungsantrag ist jedoch lediglich ein Vorschlag, bindend ist er nicht.

Fünf-Punkte-Plan der Regierung: Umweltministerin kündigt Trendwende an

Mit einem Fünf-Punkte-Plan will gegen Jahresende auch die Bundesregierung zeigen, dass sie das Thema Kunststoffe und deren Verwertung ernst nimmt: „Mit diesen Maßnahmen leiten wir eine Trendwende im Umgang mit Plastik ein“, kündigt Bundesumweltministerin Svenja Schulze an. Ihre Fünf-Punkte sind: Vermeidung von überflüssigen Produkten und Verpackungen, umweltfreundliche Gestaltung von Verpackungen und Produkten, Stärkung des Recyclings, Wegwerfgewohnheiten verbessern und weniger Meeresmüll. Der Bundestag stimmte dem Plan zu. Allerdings: die meisten Vorschläge in Richtung Industrie basieren auf Freiwilligkeit.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert den Fünf-Punkte-Plan von Bundesumweltministerin Schulze entsprechend als einen Kniefall vor den Interessen des Handels und der Kunststoffindustrie. Schulze sollte endlich erkennen, dass freiwillige Selbstverpflichtungen des Handels nicht zielführend sind, erklärt der Umweltverband.

Doch Schulze bleibt dabei: Sie wolle zunächst den Dialog mit den Marktteilnehmern führen, betont sie auf einer Fachkonferenz Anfang Dezember. Gleichwohl zeigt sie sich auch offen für die gesetzliche Vorgabe einer Mindestrecyclat-Quote. Sie sei gegebenenfalls bereit, darüber zu diskutieren, sagte sie.

 

© 320° | 18.12.2018

Mehr zum Thema
EU-Parlament stimmt Verpackungsverordnung zu
Freiburg bereitet Einführung einer Verpackungssteuer vor
Kunststoffrecycling: Covestro plant Zusammenarbeit mit Automobilindustrie
Pyrum erhält Nachhaltigkeitszertifizierung
EU-Parlament stimmt Ökodesign-Verordnung zu
Alpina führt digitalen Produktpass ein
Kreislaufwirtschaft: Deutschland und China vereinbaren Aktionsplan
PreZero plant LVP-Sortieranlage in Dänemark