Unterstützung für ärmere Bürger

Die EU-Kommission erwägt einen Sozialfonds, um einkommensschwächere Bürger vor steigenden Klimaschutzkosten zu schützen. Der Fonds könnte für einen Ausgleich sorgen. Die Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt warnt unterdessen ihre Partei, es nicht zu übertreiben.

Kosten des Klimaschutzes: EU-Kommissar schlägt Sozialfonds vor


Mit Blick auf die Kosten des Klimaschutzes beim Heizen und Autofahren erwägt die EU-Kommission einen eigenen Sozialfonds. Dies kündigte Vizepräsident Frans Timmermans am Mittwoch in einer Rede an. Hintergrund sind Erwägungen, den Energieverbrauch in Gebäuden und im Verkehr europaweit mit einem CO2-Preis zu belegen.

„Wenn wir diesen Schritt tun und wenn Haushalte dadurch vor höheren Kosten stehen, werden wir sicherstellen, dass ein sozialer Mechanismus – ein Klima-Sozial-Fonds – eingerichtet wird, um mögliche negative Effekte auszugleichen, vor allem für die verletzlichsten Bürger“, sagte Timmermans. Ein Teil der Erlöse aus dem CO2-Preis sollte in den Fonds fließen. EU-Staaten könnten dann ärmere Bürger unterstützen.

„Saubere Lösungen zum erschwinglichen Preis“

In Deutschland tobt seit Tagen eine Debatte über höhere Spritpreise durch den zu Jahresbeginn eingeführten CO2-Preis. Die EU-Kommission will ihrerseits am 14. Juli ein großes Gesetzespaket zur Umsetzung des ehrgeizigen neuen EU-Klimaziels vorlegen: minus 55 Prozent Treibhausgase bis 2030 im Vergleich zu 1990.

Man werde die Industrie zu Innovationen anspornen, damit die Bürger saubere Lösungen zum erschwinglichen Preis bekämen, sagte Timmermans. Mit der Zeit würden sich diese in Gebäuden oder im Verkehr rechnen. „Bevor diese Optionen preiswerter werden, müssen wir die verletzlichsten Haushalte gegen potenzielle Preissteigerungen für Heiz- und Verkehrstreibstoffe schützen“, sagte der EU-Kommissar.

In Deutschland gilt seit Jahresbeginn ein CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne. Nach bisherigen Planungen soll er bis 2025 auf 55 Euro steigen. Ein europäisches Preissystem soll möglichst so mit dem deutschen System verknüpft werden, dass keine weiteren Zusatzlasten entstehen.

„Wir dürfen niemanden überfordern“

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat unterdessen ihre Partei davor gewarnt, die Forderungen nach einem höheren CO2-Preis nicht zu überziehen. „Ich glaube, dass wir mit einem CO2-Preis von 60 Euro genau richtig liegen. Das ist ein sinnvoller, ambitionierter Betrag“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). „Wir dürfen niemanden überfordern“, mahnte sie mit Blick auf Änderungsanträge zum Wahlprogramm, die Abgabe bis 2023 von derzeit 25 Euro nicht auf 60, sondern 90 oder 120 Euro zu erhöhen.

Auch warnte sie davor, Urlaubsflüge zu verteufeln. Niemand solle sich „bei einem Mallorca-Urlaub schlecht fühlen“, betonte Göring-Eckardt. Allerdings sollten „Kurzstreckenflüge überflüssig werden“, etwa durch den Bahnausbau.

Göring-Eckardt betonte zugleich, dass das Klimaabkommen von Paris nur zu erfüllen sei, wenn Gebäude einen großen Teil zur CO2-Einsparung beitragen. Ein Schlüssel sei die energetische Sanierung – vom Solardach über die klimafreundliche Heizung bis zur Wärmedämmung. Der Staat müsse hier eine Förderoffensive starten. Die Grünen wollen ab Freitag auf einem weitgehend digitalen Parteitag ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl im September verabschieden und Parteichefin Annalena Baerbock offiziell als Kanzlerkandidatin aufstellen.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer fordert unterdessen eine CO2-Bremse, sollten die Spritpreise zu stark steigen. „Beschlossen ist ein schrittweiser Einstieg in höhere CO2-Preise, um Zeit für Innovationen zu haben“, sagte der CSU-Politiker der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Mittwoch). „Nur: Wenn uns durch einen Rohöl-Boom kurzfristig die Preise an den Zapfsäulen weggaloppieren würden, braucht es eine CO2-Preis-Bremse. Sonst würgen wir die gute Konjunktur, die wir trotz Corona jetzt haben, ganz schnell wieder ab“, sagte Scheuer.

320°/dpa

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