Gelockerte Vorschrift

Jahrelang war es das Markenzeichen von Sekt und Champagner, künftig braucht es die Folie am Flaschenhals nicht mehr: Die EU hat die Vorschrift gekippt.

EU kippt Vorschrift für Folie am Sekt-Flaschenhals


Sektflaschen ohne Folienkapsel um den Korken? Eine neue EU-Regelung macht das künftig möglich. In einer am 8. August veröffentlichten EU-Verordnung heißt es, dass Hersteller und Abfüller die Möglichkeit haben, aus betrieblichen Gründen auf die Folie am Flaschenhals zu verzichten, sofern kein Sicherheitsrisiko durch unbeabsichtigtes Öffnen bestehe. Als betriebliche Gründe werden Kosteneinsparungen und Abfallvermeidung genannt.

Volker Raumland vom gleichnamigen VDP-Sektgut in Flörsheim-Dalsheim nennt die Entscheidung „zeitgerecht“. Sie helfe, künftig flexibler reagieren zu können. „Die Verpflichtung, eine Sektkapsel anzubringen, hat früher durchaus Sinn gemacht, um Schaumweine in traditioneller Flaschengärung von anderen Produkten unterscheiden zu können – zum Schutz des Schaumweines gegenüber günstigeren Perlweinen.“

Lieferengpässe aufgrund des Krieges

Sein Haus werde allein aus Nachhaltigkeitsgründen bei einigen Produkten die Kapsel weglassen, kündigt Raumland an. „Wichtig bleibt jedoch: Der Verschluss der Sektflasche muss sicherstellen, dass es zu keiner ‚Gefahr‘ bei der Lagerung oder Öffnung der Flasche kommt“, betont er. „Das richtige Anbringen der Agraffe – das Metallplättchen mit Metalldraht – stellt sicher, dass der Kork nicht ohne Weiteres herausploppen oder entweichen kann.“

In der Vergangenheit habe Raumland aber mitunter bis zu zwei Jahre auf seine Sektkapseln warten müssen, etwa aufgrund von Lieferengpässen bei den Materialien. „Einer der größten Kapsellieferanten hatte seinen Sitz in der Ukraine“, sagt er. Die Produktion sei dort nach dem Beginn des Angriffskriegs Russlands zum Stillstand gekommen. „All dies hatte zur Folge, dass wir mit dem Verkauf von einigen Sekten teilweise pausieren mussten beziehungsweise eine einfache neutrale Kapsel verwenden mussten.“

Frage nach Alternativen

Das Deutsche Weininstitut (DWI) begrüßt die EU-Regelung ebenfalls. Es sei sinnvoll, auf die Verwendung von Kapselfolien für Sektflaschen verzichten zu können, wenn die Mitgliedsstaaten und Erzeuger dies so festlegten, sagt DWI-Sprecher Ernst Büscher. Ursprünglich war es in einem Antrag aus Italien nur um die Frage gegangen, ob die Folie beim Export in Ländern außerhalb der EU weggelassen werden dürfe. Nun hat die EU die Vorschrift generell gelockert.

Bei Winzern stellt sich nun die Frage, ob sie die Folie ganz weglassen oder auf Alternativen zurückgreifen werden. „Warum sollten wir eine nicht recycelbare Folie einsetzen?“, fragt Mosel-Winzer Stephan Steinmetz. Den Winzern gehe es aber nicht ausschließlich um Umweltschutz, sagt sein Winzer-Kollege Florian Lauer, sondern auch um die unnötigen Kosten für die Folien. Zugleich geht es aber auch um die Optik. Der Beschluss der EU-Kommission biete nun zusätzliche Möglichkeiten in der Gestaltung des Designs, sagt Angelina Demeuth von der Henkell&Co Sektkellerei in Wiesbaden. Das bestätigt auch der Verband Deutscher Sektkellereien. Ein Vorteil der neuen Regelung sei die „größere optische Vielfalt am Markt, da die Designmöglichkeiten der Aufmachung größer werden“.

320°/dpa/re

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